Katjas irischer Flickenteppich

von Katja Heimann-Kiefer

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Unterwegs in Dublin

Dublin Bus

Das Dubliner Bussystem ist eine Sache für sich. Es beginnt mit dem Fahrplan. Aus deutschen Städten ist man gewohnt, dass an einer Haltestelle ein Fahrplan hängt, auf dem steht, wann der Bus von eben dieser Haltestelle abfährt. In Dublin hängt auch ein Fahrplan an den Haltestellen und darauf sind auch Abfahrtszeiten angegeben – allerdings die am Anfangspunkt der Route. Es werden grob die Stadtteile aufgelistet, die der Bus durchfährt, und dann muss man nur noch schätzen, welche Strecke das sein mag und wie lange der Bus bis zu dieser Haltestelle wohl braucht. Sooo praktisch, besonders bei unseren rudimentären Ortskenntnissen. Gelegentlich fuhr ich mit der 45A von meiner Arbeit in Dún Laoghaire nach Hause: „DÚN LAOGHAIRE (DART Station), Sallynoggin, Ballybrack, Shankill, Bray (DART Station), BALLYWALTRIM“. Klingt völlig harmlos, ist aber eine endlose Kurverei.

Dublin Bus, © Jürgen KullmannWer des öfteren zu einer bestimmten Zeit mit einer bestimmten Linie fährt, weiß natürlich in etwa, wann der Bus zu kommen pflegt, und muss dann nur noch rechtzeitig an der Haltestelle sein. So wusste ich immer ganz genau, wann der letzte Bus von der Dubliner Innenstadt nach Bray fuhr – er fuhr nämlich noch ein kleines bisschen später als der letzte Dart.

Es kam aber auch vor, dass ein Bus nicht zur erwarteten Zeit auftauchte. Dann wartete man und wartete, und nach einer Weile kamen vielleicht zwei oder drei Busse auf einmal, auch von derselben Linie. Ob die Fahrer an der Endhaltestelle vielleicht Skat spielten, um sich dann in ihre drei Busse zu setzen und gemeinsam auf den Weg zu machen ...?

Viele Busse waren schon etwas älter und in einem nicht mehr ganz so guten Zustand. So ist es uns passiert, dass ein Bus unterwegs eine Panne hatte und nicht weiterfuhr. Nach einer Weile des Sitzens und Wartens im stehenden Bus kam dann ein anderer und die Passagiere mussten umsteigen. Dergleichen erträgt man in Dublin mit Fassung.

Von Bussen befahrene Straßen erkannte man meist ganz gut an dem zarten Ölfilm auf der Fahrbahn. Das bekam ich insbesondere während meines Auslandssemesters zu spüren, denn damals unternahm ich praktisch alle Fahrten auf meinem geliebten Rennrad. Nach einigen Monaten befand sich auf dem Rücken meiner Jacke ein grauschwarzer breiter Fleck: das mit Regen vermischte Busöl von den Straßen, das vom Hinterrad hochspritzte. Den Fleck habe ich nie wieder herausbekommen.

Trotz allem hatten die Busse einen gewissen Charme. Es faszinierte mich immer, oben zu sitzen und zu beobachten, wie der Bus einen Radfahrer überholte, wobei es jedes Mal so aussah, als würde der Radfahrer unter die Räder geraten, wenn er – scheinbar auf der Linie des Busses – aus dem Sichtfeld verschwand!

 
Dein Freund und Helfer

Die irischen Polizisten der Garda Síochána, „the boys in blue“ oder auf Deutsch Wächter des Friedens, sind in der Regel nett und hilfsbereit sowie unkonventionellen Maßnahmen nicht grundsätzlich abgeneigt.

GardaíIn den ersten Wochen unseres Irlandaufenthalts fuhren wir mit dem letzten DART (Dublin Area Rapid Transport, die Dubliner S-Bahn) nach Hause zurück. In unserem Wagen tobte eine Gruppe Jugendlicher und machte sich einen Sport daraus, sich unmöglich aufzuführen und die übrigen Reisenden zu ängstigen. Bei einem Halt stieg einer der stets stattlichen, groß gewachsenen Gardaí zu. Die Jugendlichen verstummten. Er ging zu einem der Jungen, schwer fiel seine Hand auf dessen Schulter: „Where you going?“ „Home“, murmelte das inzwischen ganz verschüchterte Kerlchen. „That’s what you think – das glaubst aber auch nur du“, sagte der Polizist und nahm den Knaben mit. Als der Zug wieder anfuhr, feixten die verbliebenen Jugendlichen und machten weiter ihre Witze. Bis zur nächsten Station. Dort warteten mehrere Gardaí und holten sie alle aus dem Zug! Einige Tage später waren wir wieder in einem der letzten DARTs unterwegs, und wieder war dieselbe Gruppe Jugendlicher unterwegs – brav und vorbildlich.

Einem Bekannten passierte Folgendes: Er war mit Freunden im Pub gewesen und saß auf dem Rückweg am Steuer. Unterwegs sahen sie vor sich eine Polizeikontrolle. Das war Seán nicht recht, hatte er doch etwas viel getrunken. Was tun? Er gab Gas und rauschte an den wartenden Polizisten vorbei. Einige Tage später klingelte es bei ihm an der Tür. Davor stand ein Polizist. Der klärte zunächst die Personalien und fragte, ob er der Halter eines bestimmten Autos sei. Dann fragte der Bewahrer des Friedens, warum Seán ihm vor einigen Tagen über den Schuh gefahren sei, warum er denn nicht kontrolliert werden wollte? Ob er an jenem Abend womöglich zu viel getrunken habe? Und ob er wüsste, was für einen Ärger das geben würde? Seán wand sich ... Schließlich machte ihm der Polizist einen Vorschlag: Er selbst sei der Leiter dieses Distrikts, auf seinem Schreibtisch landeten alle Verstöße. Er werde Seáns Akte in seine Schublade legen, und dort würde sie die nächsten zwei Jahre liegen bleiben. Wenn ihm in diesem Zeitraum auch nur der geringste Vorfall gemeldet würde, in dem sein Name auftauche, werde er diese Akte wieder hervorholen und es gäbe großen Ärger. Das war ein Angebot, und Seán war von da an der vorbildlichste Autofahrer Dublins!

 
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© 2004 Katja Heimann-Kiefer