Nachrichten aus Irland

Zusammengestellt nach Berichten der Irish Times
und anderen Quellen

Freitag, 30. April 1999

John Hume, Vorsitzender der nordirischen SDLP und Friedensnobelpreisträger, berichtet auf einer Konferenz der Irischen Labor Party über private Gespräche mit der Ulster Unionist Party (UUP) und Sinn Féin zur Erzielung eines Durchbruchs bei der Regierungsbildung in Nordirland. Geehrt für seinen mehr als 30jährigen Friedenseinsatz, drückt er seine Überzeugung aus, dass dem Nordirlandabkommen Erfolg beschert sein wird.

Die Irische Zentralbank fordert Banken und Baugesellschaften zu größerer Zurückhaltung bei der Vergabe von Hausdarlehen auf, da die bisherige Großzügigkeit erheblich zum explosionsartigen Ansteigen der Immobilienpreise beigetragen habe.

Die irische Popsängerin Sinéad O’Connor hat sich in Lourdes von einem Bischof der Lateinisch-Tridentinischen Kirche zur Priesterin weihen lassen und möchte von nun an Mutter Bernadette Maria genannt werden. Nicht bestätigt wurde die Vermutung des Autors dieser Webseite, dass zwei Mädchen von Kylemore Abbey in Connemara ihre Erscheinung in ein blaues Gewand gehüllt im Nebel hoch oben am Berg gesehen haben. Die Buchmacher in Dublin nehmen derweil Wetten an, dass Sinéad die erste Frau auf dem Papststuhl wird; die Quote steht derzeit 10.000 zu eins gegen sie.

Der Generalsekretär der Irish Bank Officials’ Association teilt mit, dass seine Mitglieder eine Extrazahlung von wenigstes IR£ 2.000 (ca. 5.000 DM) fordern würden, um über das Bank Holiday Weekend (Freitag bis Montag) der Jahrtausendwende zu arbeiten. Diese Forderung liegt doppelt so hoch wie die der Polizei und setzt eine Marke für andere Gruppen wie Babysitter und Kneipenpersonal.

Nach Protesten nimmt die Dublin Corporation ihre Ankündigung zurück, den Nachkommen Molly Malones die Lizenz zum Fischverkauf in der Moore Street zum Jahresende zu entziehen.

Das Justizministerium gewährt einem 100jährigen Polizisten eine Pension, der vor 71 Jahren mit der Begründung, er hätte Schmiergeld von der IRA angenommen, aus dem Dienst entlassen wurde. Der Vorwurf wird nun als gegenstandslos bezeichnet.

Auf einer Umweltkonferenz wird prognostiziert, dass der Ausstoß an Treibhausgas in Irland im Jahre 2010 das Limit um das Vierfache überschreiten wird.

Taoiseach Bertie Ahern und der britische Premierminister Tony Blair setzen in London ihre Gespräche mit der Ulster Unionist Party, der SDLP und der Sinn Féin über die Einsetzung der nordirischen Regierung fort. Es kommt jedoch zu keinem Durchbruch, da die UUP weiterhin eine Vorabentwaffnung der IRA verlangt, ehe gemäß der Friedensvereinbarung vom Karfreitag letzten Jahres Sinn Féin Minister ins Kabinett aufgenommen werden.

Auf der Jahresversammlung der Green Party wird die Entscheidung der Regierung, ohne Volksbefragung eine Mitgliedschaft in der NATO Partnership for Peace zu anzustreben, heftig attackiert.

Eine Sonntagszeitung veröffentlicht vertrauliche Bankpapiere über die Verschuldung der Progressive Democrats, dem Koalitionspartner der Regierungspartei Fianna Fáil. Schon seit langem wird über eine mögliche Wiedervereinigung von Fianna Fáil und PD spekuliert, die sich 1985 von ihr abgespalten hatte.

Der designierte nordirische Regierungschef David Trimble von der Ulster Unionst Party, der größten protestantischen Gruppierung Nordirlands, sieht keine ernsthaften Anzeichen dafür, dass die IRA zur Gewalt zurückkehren könnte und keine unmittelbare Gefahr für ein Scheitern der vor einem Jahr geschlossen Vereinbarung über die friedliche Lösung des Nordirlandkonflikts. Gleichwohl warnt der Präsident der Sinn Féin, Gerry Adams, dass die Diskussion über die Entwaffnung der IRA die republikanische Bewegung spalten könne.

Der Taoiseach und der britische Premierminister führen ihre Gespräche über die Einsetzung der Regierung in Nordirland fort und setzen für den kommenden Montag weitere Gespräche an.

Die am Vortag wiederaufgenommenen Gespräche über die Regierungsbildung in Nordirland stecken erneut in der Krise, nachdem die Sinn Féin einen vom britischen Premierminister Blair vorglegten Entwurf bezüglich der Entwaffnung der paramilitärischen Gruppen abgelehnt hat. Die irische Staatsministerin im auswärtigen Amt, Liz O’Donnell, gesteht ein, dass die Hillsborough Declaration der Vorwoche (s. 1. April) keine Basis zur Lösung des Problems sei.

Ein Riss geht durch die Labor Party, als der Parteivorsitzende Ruairí Quinn der Meinung seines Sprecher für auswärtige Angelegenheiten Proinsias De Rossa entgegentritt, der sich für eine einseitige Einstellung der NATO Luftangriffe in Kosovo ausgesprochen hatte. Proinsias De Rossa war bis zur Verschmelzung seiner Partei mit der Labor Party Vorsitzender der Democratic Left.

Am Eyre Square in Galway wurde die 1935 aufgestellte Statue des irisch-gälischen Schriftstellers Pádraic Ó Conaire enthauptet. Ein Fußgänger, der den Kopf fand, meinte, nun würde Galways Pádraic genauso berühmt wie die kleine Meerjungfrau in Kopenhagen werden. Als Pádraic Ó Conaire 1928 starb, bestand sein ganzer Besitz aus einer Pfeife, etwas Tabak und einem Apfel. Seine bekannteste Erzählung, M’Asal Beag Dubh (Mein kleiner schwarzer Esel), dürfte den meisten Iren aus ihrem Schulunterricht bekannt sein.

Bei einer Bombenexplosion in einem Belfaster Pub wurde ein Mann verletzt. Über die näheren Hintergründe ist derzeit noch nichts bekannt.

Der Chefunterhändler der Sinn Féin, Martin McGuinness, teilt mit, die IRA würde ihre Entwaffnung als Vorbedingung für eine Teilhabe der Sinn Féin an einer nordirischen Regierung nicht akzeptieren.

Die Arbeitslosenrate in Irland fällt weiter und erreicht ihren tiefsten Stand seit Oktober 1995. Sie liegt mit 201.000 registrierten Arbeitslosen unter 7%.

Eine mögliche Aufnahme von 1000 Kossovo-Flüchtlingen durch Irland wird diskutiert. Das Justiznministerium teilt dem Erziehungsministerium mit, dass den Asylsuchenden kein Zugang zum Bildungssystem gewährt werden darf.

Die Dublin Corporation bestätigt, dass eine zur Jahrtausendfeier geplante neue Fußgängerbrücke über die Liffey mit IR£ 1,5 Mill. doppelt soviel wie ursprünglich veranschlagt kosten wird.

Der Sinn Féin Präsident Gerry Adams hebt das ‘Engagement’ der IRA für eine friedvolle Nordirland-Regelung hervor. Die Hillsborough Declaration vom Donnerstag könne positive Effekte haben, sich wegen des Ultimatums an die bewaffneten Gruppen jedoch auch zum Nachteil erweisen.

Taoiseach Bertie Ahern und der britische Premierminister Tony Blair sind sich in der sogenannten Hillsborough Declaration über ein Rahmenabkommen zur Einsetzung der nordirischen Regierung einig. Darin fordern sie die nordirischen Parteien auf, zusammenzukommen und nach dem d’Hondtschen Verfahren Minister zu nominieren. Innerhalb eines Monats danach sollen die IRA und die paramilitärischen protestantischen Formationen auf ‘freiwilliger Basis’ einen Teil ihrer Waffen an eine internationale Kommission abliefern, während Gedächtnisveranstaltungen für die Opfer der Gewalt in Nordirland abgehalten werden.
Anschließend soll die Regierungsgewalt in Nordirland an das im letzten Jahr gewählte nordirische Parlament übertragen werden und die nordirische Regierung ihre Arbeit aufnehmen.

Von einigen Gruppierungen wird dieses Übereinkunft allerdings als Aprilscherz bezeichnet.

Irlandnachrichten: Nachrichten aus Irland – April 1999