Nachrichten aus Irland

Aktueller Monat & Archiv

Sonntag, 30. September 2001

• Nordirlandsekretär John Reid hat die Mitglieder des neuen Policing Board nun offiziell ernannt und nach einigem Gezerre mit Unionisten und Nationalisten über den Vorsitz zwei unabhängige Mitglieder zum Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden bestimmt. Vorsitzender ist der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Desmond Rea, sein Stellvertreter Denis Bradley, ein ehemaliger Priester aus Derry.

• Der Vorsitzende der irischen Labour Party Ruairí Quinn akzeptiert die Aufforderung des Sinn Féin Vorsitzenden Gerry Adams zu einer Fernsehdiskussion über ‘alle Aspekte der Politik’, nachdem Adams geäußert hatte, Ruairí würde vor ihm und seiner Partei ‘ängstlich davonlaufen’.

Sonnabend, 29. September 2001

• Es hat den ersten Toten gegeben. Der für die Nordirland-Ausgabe der Sunday World arbeitende Journalist Martin O’Hagan wird in der Nähe seines Hauses in Lurgan, Co. Armagh, ermordet. Die Verantwortung dafür übernehmen die Red Hand Defenders (ein Tarnname für die UDA und LVA), die am frühen Morgen erklären, O’Hagan sei ‘für seine Verbrechen an der loyalistischen Bevölkerung’ getötet worden.

  Auch unionistische Politiker zeigen sich erschüttert. So verurteilt der Vorsitzende der Ulster Unionist Party den Mord als feige und zeigt sich entsetzt. Martin McGuinness von der Sinn Féin fordert Nordirlandsekretär John Reid auf, den Waffenstillstand der UDA als aufgehoben zu bezeichnen. Gleichzeitig macht die Sinn Féin klar, dass sie nicht bereit sei, das Nordirlandabkommen neu zu verhandeln.

Freitag, 28. September 2001

• Nach weiter eskalierenden Angriffen loyalistischer Gewalttäter spricht Nordirlands oberster Polizist Sir Ronnie Flannagan von der schlimmsten Gewalt seit 30 Jahren. So schleudern Unbekannte einen Betonklotz durch das Fenster eines Schulbusses, wobei sieben Schüler verletzt werden. Sir Ronnie geht davon aus, dass protestantische paramilitärische Gruppen die Drahtzieher der Gewalt sind: “Diese Gewalt ist ein Wahnsinn”, so der Polizeichef, “wir müssen sie beenden. Wenn das die Leute nicht einsehen, wird es Tote geben.”

• Síle de Valera, Ministerin für Kunst, Kultur, Kulturerbe, die Gaeltacht und die Inseln, eröffnet offiziell das bei Kilfenora gelegene Burren-Besucherzentrum, das, so wird erwartet, jährlich Zehntausende von Besuchern anziehen wird. Die Eröffnung kommt gerade mal vier Monate, nachdem das von Naturschützern heftig bekämpfte Besucherzentrum inmitten des Naturparks bei Mullaghmore nach einem Gerichtsbeschluss wieder abgerissen wurde (s.a. 6. März 2000 und 5. Mai 2000).

• Das Thema geht gegenwärtig ein wenig unter, doch die Zahl der aufgedeckten BSE-Fälle nimmt weiter zu. Allein 13 waren es in der vergangenen Woche. Die Zahl der registrierten Fälle liegt in diesem Jahr bei 143; im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 87.

Donnerstag, 27. September 2001

• Bei schweren Zusammenstößen werden in Belfast 33 Polizisten verletzt, als sie versuchen, mehrere hundert Protestanten an einem Marsch durch ein katholisches Wohnviertel zu hindern. Gewalttäter aus dem loyalistischen Lager warfen daraufhin mindestens 125 Benzinbomben auf die Beamten. Billy Hutchinson, protestantischer Abgeordneter im nordirischen Parlament, wirft der Polizei vor, zunehmend die Interessen republikanischer Katholiken zu vertreten und kann sich vorstellen, dass sich ‘diese Polizisten bald nicht mehr in protestantische Wohngebiete wagen können.’

• Der irische Rechnungshof kritisiert die Teilnahme Irlands an der Expo 2000 in Hannover. Von Beginn an sei klar gewesen, dass der irische Pavillon zwar viel Geld kosten, aber kaum zusätzlichen Handel oder Investitionen in Irland bringen würde.

• Die Belfaster Firma Shorts, Hersteller von Flugzeugrümpfen und Turbinenverkleidungen, kündigt mit Verweis auf die Terroranschläge in den USA den Abbau von 2.000 ihrer 7.600 Arbeitsplätze an. Die Gewerkschaften halten dies für vorgeschoben und fragen, wo denn das gut gefüllte Auftragsbuch geblieben sei, das die Firma vor zwei Wochen vorgewiesen hat.

Mittwoch, 26. September 2001

• Wie es scheint, bleibt das Pint fürs Erste auch der Milch erhalten. Nachdem kürzlich Glanbia, der größte Milchverarbeiter des Landes, angekündigt hatte, die 1-Pint-Tetrapacks (0,568 l) durch 0,5 l Tetrapacks zu ersetzen (bei Beibehaltung des bisherigen Preises, versteht sich), ging ein Aufschrei durchs Land und der Beschluss wurde nun revidiert.

• 270.000 Erwachsene verdienen weniger als 1.065 Euro (= 60 % des durchschnittlichen Industrielohnes) und sind damit von Armut bedroht, so das Ergebnis einer heute veröffentlichten Untersuchung der Vincetian Partnership for Social Justice. Lebensmittel und Kleidung gehörten zu den ersten Dingen, an denen die Menschen dann mehr sparten, als ihnen gut täte.

• Auf der anderen Seite: 10 % aller Iren gelten als fettleibig und ein Drittel sind von Übergewicht betroffen, so Paddy Wall, Chef der Food Safety Authority of Ireland, gestern auf einer Konferenz in Dublin. Zudem folgten die irischen Essgewohnheiten immer stärker denen in den USA, wo bereits 15 % aller Lebensmittel im Auto verzehrt würden. ‘Dashboard Dining’ nennt man dies.

Dienstag, 25. September 2001

• Nachdem ein bewaffneter Mann aus der republikanischen Szene in der vergangenen Nacht in Nord-Belfasts Hallidays Road mit einem automatischen Gewehr auf die Polizei und Häuser von Protestanten feuerte, steht die britische Regierung unter Druck, den Waffenstillstand der IRA als gebrochen zu erklären. Weitere Schießereien folgten, und später wurden nach Angaben der Sinn Féin Brandbomben auf Wohnungen von Katholiken geworfen.

Montag, 24. September 2001

• Joseph McCarthy lässt grüßen: Eoin Ó Murchu, ein politischer Korrespondent von Radio na Gealtachta, der im Gefolge des irischen Außenministers Cowen in die USA reisen wollte, wird trotz Intervention des irischen Außenministeriums die Einreise verwehrt. Ó Murchu war in jungen Jahren Mitglied der kommunistischen Partei.

• Taoiseach Bertie Ahern verteidigt seine Entscheidung, den USA die Überflugrechte bei möglichen Kriegseinsätzen in Afghanistan zu geben sowie das Auftanken ihrer Bomber auf irischen Flugplätzen zu gestatten. Kritisiert wird dies von der Irish Labour Party, die für dergleichen einen Parlamentsentscheid für erforderlich hält, sowie von den irischen Grünen, die hier ein Verfassungsproblem sehen. Eine noch bessere Argumentation wäre es, Terror nicht mit Gegenterror beantworten zu wollen.

Sonntag, 23. September 2001

• “The same procedure as six weeks ago, Tony?” “The same procedure as every six weeks, John!” Das Spiel wiederholt sich: nachdem der britische Nordirlandsekretär John Reid Samstagnacht die nordirische Exekutive suspendiert hat, setzt er die Selbstverwaltung Sonntagnacht wieder in Kraft. Und wieder haben die Konfliktparteien sechs Wochen Zeit, sich in der Entwaffnungsfrage zu einigen und einen neuen Regierungschef für Nordirland zu wählen. Mal gespannt, was am 2. November passiert.

Sonnabend, 22. September 2001

• Um 00:00 Uhr suspendiert der britische Nordirlandsekretär John Reid zum dritten Mal die nordirische Exekutive, da es den Parteien in den sechs Wochen seit der letzten Aktion dieser Art nicht gelang, einen neuen Regierungschef zu wählen. Er hoffe, dass die Paramilitärs nun die nächsten sechs Wochen nutzen würden, um die Entwaffnungsfrage ein für allemal zu regeln. Andererseits gibt es die Befürchtung, dass die IRA als Antwort auf die Suspendierung die Zusammenarbeit mit der Internationalen Entwaffnungskommission erst einmal einstellen wird.

Freitag, 21. September 2001

• Nach Wochen des Zögerns beschließt nach einem nächtlichen Gespräch mit Nordirlandsekretär John Reid nun auch die Ulster Unionist Party, drei Mitglieder für das neue Northern Ireland Police Board zu benennen. Ihr Vorsitzender David Trimble weist jedoch darauf hin, dass mit diesem Beschluss die Bedenken seiner Partei gegen die Polizeireform nicht ausgeräumt sind. Sinn Féin Präsident Gerry Adams hingegen fordert alle Republikaner auf, nicht mit dem Police Board zusammenzuarbeiten und nicht in den Polizeidienst einzutreten.

• Wenn derzeit die großen internationalen Luftverkehrsunternehmen einschließlich Aer Lingus mit Verweis auf die Terroranschläge in der USA einen massiven Stellenabbau ankündigen, handelt es sich nach Ansicht des Vorstandsvorsitzenden von Ryanair um dumme Ausreden. Die eigenen Buchungszahlen seien in keiner Weise von den tragischen Ereignissen in den USA beeinflusst worden. “Die Menschen fliegen immer noch”, so Michael O’Leary, “und wir sehen keinen Grund, warum sich das ändern sollte.”

• Nächtliche Besucher, die in der Nacht in Corks Englischen Markt eindrangen, waren an Geld nicht interessiert. Sie gönnten sich eine Flasche Champagner (Wert 250 Euro), aßen dazu edlen Käse, kleideten sich dann neu ein und verließen den Ort der Handlung.

Donnerstag, 20. September 2001

• Zehn Plätze sind für die Parteien in der Aufsichtsbehörde für die neue nordirische Polizei vorgesehen: Gemäß dem Ergebnis der letzten Wahlen auf der Seite der Nationalists/Republicans drei für die SDLP und zwei für die Sinn Féin, auf der Seite der Unionists/Loyalists drei für die UUP und zwei für Ian Paiselys DUP. Heute um Mitternacht läuft die Nominierungsfrist ab, und als bisher einzige Partei hat die SDLP ihre drei Kandidaten benannt. Sowohl den Unionisten als auch der Sinn Féin ist die Polizeireform suspekt, wenngleich aus völlig gegensätzlichen Erwägungen – was eigentlich nur für die Ausgewogenheit der Reform sprechen kann.

• Am Morgen kündigt die IRA in der Sinn-Féin-Zeitung An Phoblacht an, ihre Gespräche mit der unabhängigen Entwaffnungskommission zu erneuern und intensivieren. Dies reicht zwar den meisten Politkern nicht, doch informierte Kreise glauben an eine ernsthafte Debatte innerhalb der republikanischen Bewegung und halten Fortschritte in den kommenden Tagen für möglich.

• Trotz der gegenwärtig gedämpften Wirtschaftslage habe er keine Probleme, die Parlamentswahlen des nächsten Jahres zu einem frühen Zeitpunkt anzusetzen, so verlautete gestern Taoiseach Bertie Ahern. Und es werde im Dezember auch keinen ‘Spendierhaushalt’ geben.

• Aer Lingus kündigt mit Verweis auf die schwierige Lage nach dem Terroranschlag in den USA weltweit bis zu 1.700 Entlassungen an.

Mittwoch, 19. September 2001

• Der 41-jährige nordirische Finanzminister Mark Durkan gilt, nachdem er seinen Hut ins Rennen geworfen hat, als Favorit auf die Nachfolge John Humes für den Parteivorsitz der SDLP. Und dies ist seine Botschaft:

  “Mir ist die Herausforderung, der sich die Partei stellen muss bewusst. Diese Partei wird ihre Werte, ihre Vision und ihre Lebendigkeit unter Beweis stellen, um das, was mit dem Belfaster Abkommen erreicht wurde, fortzuführen und neue, bessere politische Wege aufzuzeichnen. ... Ich bin kein John Hume. Es tut mir nicht leid, kein John Hume zu sein. Die SDLP muss sich vorwärts bewegen, nicht unbedingt innerhalb der Partei, aber in der Gesellschaft.”

• Obwohl kaum Fortschritte zu erkennen sind, geben sich Taoiseach Bertie Ahern und der britische Premierminister Tony Blair bezüglich der Situation in Nordirland in Aufbruchstimmung. Nach einem Gespräch in Downing Street heißt es, das Belfaster Abkommen vom Karfreitag 1998 könne mit Unterstützung der nordirischen Parteien voll implementiert werden.

  Dabei ist die Lage die folgende: Sollte es bis Samstag um Mitternacht bei den politischen Parteien Nordirlands keine Anzeichen auf eine Einigung in der Entwaffnungsfrage und Polizeireform geben und kein neuer Erster Minister gewählt werden, muss Nordirlandsekretär John Reid entscheiden, ob er Neuwahlen des nordirischen Parlaments ausschreiben oder die nordirische Exekutive vorläufig suspendieren soll.

• Ein weiteres Zeichen für das Abflachen des irischen Wirtschaftswachstum? Im Juni dieses Jahres wurde auf dem privaten Sektor ein Drittel weniger neue Autos verkauft als im Juni 2000.

Dienstag, 18. September 2001

• Der 66-jährige stellvertretende Vorsitzende der SDLP, zugleich stellvertretender Erster Minister Nordirlands, schließt nach dem angekündigten Rücktritt von John Hume eine Kandidatur um den Parteivorsitz aus. “Meine wohlüberlegte Meinung ist”, lautet seine Botschaft, “dass die Partei ein neue Führung wählen sollte – einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden”.

• Aer Lingus plant angesichts der düsteren Aussichten für Fluglinien den Betrieb um 25 % zurückzufahren und will morgen mit den Gewerkschaften Gespräche aufnehmen, um über mögliche Entlassungen zu reden. Hoffentlich bleibt es bei den täglich zwei Flügen von Düsseldorf nach Dublin, lautet mein nicht ganz uneigennütziger Kommentar.

Montag, 17. September 2001

• Der seit langem gesundheitlich angeschlagene Vorsitzende der nordirischen SDLP John Hume kündigt seinen Rücktritt vom Parteivorsitz an. Damit verlässt einer der wenigen uneigennützigen Politiker des 20. Jahrhunderts die politische Bühne. Und mich überkommen die gleichen Gefühle wie zuletzt beim Rücktritt Willy Brandts.

  Als Mitbegründer und seit 1979 Parteivorsitzender der SDLP, die sich für einen Anschluss Nordirlands an die Republik mit ausschließlich friedlichen und demokratischen Mitteln einsetzt, erhielt er nach der Unterzeichnung des Nordirlandabkommens im Jahr 1998 gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Ulster Unionist Party den Friedensnobelpreis.

  Nach den Worten von Taoiseach Bertie Ahern ist der Name Hume ein Synonym für die Ablehnung der Kräfte des Hasses in der Politik. Auch David Trimble von der nordirischen Ulster Unionist Party, der Vorsitzende der Irish Labour Party Ruairí Quinn und Michael Noonan von der Fine Gael würdigen die Verdienste des scheidenden SDLP-Vorsitzenden.

• Noch wird es auf die strengeren Kontrollen zurückgeführt, doch die Zahl der neu aufgedeckten BSE-Fälle steigt in Irland stark an. Allein acht neue Fälle waren es in der vergangenen Woche.

Sonntag, 16. September 2001

• Im Alter von 107 Jahren stirbt im Annie O’Donnell, die älteste Frau Irlands. Geboren am 8. Dezember 1893 in Kilcar im Co. Donegal, verbrachte sie den größten Teil ihres Lebens in Burtonport. Ihr Leben lang war sie mit dem im gleichen Jahr und in der gleichen Gegend geboren Schriftsteller Peadar O’Donnell befreundet. Älteste Frau Irlands dürfte seit heute Mrs. Annie O’Malley aus Claremorris im County Mayo sein, die morgen ihren 107. Geburtstag feiern wird.

• Alex Maskey von der Sinn Féin, Mitglied des nordirischen Parlaments, wird auf dem Flugplatz von Istanbul zusammen mit vier Parteifreunden vorübergehend festgenommen. Die Gruppe wollte sich mit den Familien türkischer Hungerstreiker treffen.

Sonnabend, 15. September 2001

• Britische Sicherheitskreise erwarten, dass die IRA in den kommenden Wochen wieder mit der unabhängigen internationalen Entwaffnungskommission (IICD) für Nordirland zusammenarbeiten wird. Nach der Suspension der nordirischen Exekutive am 14. August hatte sie diese eingestellt.

Freitag, 14. September 2001

• Irritation in Dublin darüber, dass die moslemischen und jüdischen Glaubensgemeinschaften nicht zu einem ökumenischen Gottesdienst zum Gedenken an die Terroropfer in den USA miteingeladen wurden. Nach einem Sprecher der katholischen Kirche habe die Regierung um einen ökumenischen Gottesdienst gebeten, worunter man ausschließlich christliche Glaubensgemeinschaften verstände.

  Derweil verurteilt die 11.000 Mitglieder umfassende moslemische Gemeinde Irlands in ihrer Moschee bei Closkeagh in Dublin die Anschläge in den USA als einen unglaublichen Akt von Terror. Gleichzeitg müssen Moslems in Belfast wegen eines Angriffs mit Ziegelsteinen ihre Moschee verlassen. Alex Maskey von der Sinn Féin verurteilt den Angriff scharf.

• Erziehungsminister Woods ruft alle Schulen und Hochschulen des Landes auf, angesichts des heutigen nationalen Trauertages ob der Opfer der Terroranschläge in den USA ihre Pforten zu schließen. Betroffen sind über 3.000 Grundschulen, 740 Sekundarschulen und 40 Hochschul-Kollegs

Donnerstag, 13. September 2001

• Selbst die Terroranschläge in den USA werden im nordirischen Parlament zu politischen Auseinandersetzungen genutzt. Als bei einer Sitzung zur Verurteilung der Gräueltaten Gerry Adams aufsteht um das Wort zu ergreifen, verlässt DUP-Vorsitzende Ian Paisley unter Protest die Versammlung: er sei nicht bereit, sich die Krokodilstränen des Sinn-Féin-Vorsitzenden anzusehen, der den letzten Meldungen zu Folge auch Freunde unter den Opfern hat.

• Eine Zahl, die auch bedrückt: In Irland starben nach den Worten des stellvertretenden gesundheitspolitischen Sprechers der Fine Gael im letzten Jahr mehr Menschen durch Selbsttötung, als durch Verkehrsunfälle. In den offiziellen Zahlen kommt dies nicht ganz zum Ausdruck, obwohl auch sie deutlich genug sind: nach ihnen gab es im vergangenen Jahr 413 Selbsttötungen und 415 Verkehrstote.

Mittwoch, 12. September 2001

• Die neue Form von Turbo-Kapitalismus ist eine Gefahr für das Gefüge der irischen Gesellschaft, größer und mitleidsloser als alle ihre Vorgänger – so die heutige Botschaft des Generalsekretärs des irischen Gewerkschaftsverbandes ICTU (Irish Congress of Trade Unions) an den irischen Arbeitgeberverband IBEC (Irish Business and Employers’ Confederation). Das Machtgleichgewicht zwischen Arbeitnehmer und Kapital, der Zement des Wohlstands in der Nachkriegs-Wirtschaft, sei durch die zunehmende Kapitalwanderung zerstört.

• Seit dem Ausbruch der Maul-und-Klauenseuche im Frühjahr brauchen auch irische Schafe ihren Personalausweis. Mehr als 7,5 Mill. sind inzwischen markiert und registriert worden. Das macht ca. zwei Schafe auf einen Einwohner der Republik Irland.

Dienstag, 11. September 2001

• Wieder einmal hat der Europäische Gerichtshof die irische Regierung gerügt. Neun Jahre nach einem einvernehmlichen Beschluss durch alle EU-Mitgliedsstaaten hat sie es noch nicht geschafft, ihre Naturschutzgebiete auszuweisen. Dafür trägt sie nun die Kosten des Verfahrens.

• Wenn alles so wird, wie es sich die Irish Society for the Prevention of Cruelty to Children (ISPCC) wünscht, wird demnächst in Nordirland das Schlagen von Kindern als krimineller Akt geahndet; entsprechende Konsultationen haben soeben begonnen. In der letzten Woche hatte bereits das schottische Parlament ein Gesetz beschlossen, nach dem das Schlagen von Kindern unter drei Jahren strafbar ist.

Montag, 10. September 2001

• Galway und Cork stehen in der engeren Wahl zur europäische Kulturhauptstadt des Jahres 2005. Bewertungsrichter der Europäischen Kommission werden nun in der kommenden Woche die Infrastruktur und kulturellen Verdienste beider Städte unter die Lupe nehmen. Die endgültige Entscheidung wird für Oktober erwartet.

• Im Rahmen einer Zeremonie in Dublin Castle bekommt Westport an der Clew Bay heute den Best Small Tidy Town Award verliehen, die Auszeichnung für die sauberste Kleinstadt Irlands. Der überreichte Scheck beläuft sich auf knapp 13.000 Euro.

• Die Summe wird größer, doch schließlich geht es auch um Drogen. Heroin im Wert von fast 115.000 Euro wird heute in Dublin sichergestellt. Bei der Wertbemessung geht man von ca. 190 Euro pro Gramm aus.

Sonntag, 9. September 2001

• Vor etwa drei Monaten stand ich dort vor verschlossenen Toren, doch heute wird die einzige Zweigstelle des National Museum of Ireland, etwas östlich von Castlebar im County Mayo, ihrer Bestimmung übergeben. Thema ist das Leben auf dem Lande von 1850 bis 1950. Untergebracht ist die Ausstellung im Turlough Park, etwa vier Meilen von Mayos Hauptstadt entfernt in einem Haus aus dem 19. Jahrhundert, das dereinst den FitzGeralds aus Waterford gehörte.

• Kurz nach drei Uhr in der Früh bricht im Einkaufszentrum von Cork City ein Feuer aus, das erheblichen Sachschaden verursacht. Die Polizei untersucht derzeit die Ursache.

Sonnabend, 8. September 2001

• Bei der Durchsuchung eines unbewohnten Hauses in der Robina Street im Norden Belfasts entdeckt die Polizei mehr als 60 Benzinbomben, 150 Flaschen, einen Behälter mit brennbarer Flüssigkeit und Fässer mit zerbrochenen Pflastersteinen und Ziegeln.

Freitag, 7. September 2001

• Der Protest gegen die katholische Holy-Cross-Grundschule im Norden Belfasts (s. Montag und Mittwoch) geht weiter, indem die Protestierer den Schulweg der Mädchen und ihrer Eltern säumen und ihnen schweigend ihre Rücken zuweisen. Unterdessen wird der 16-jährige Protestant Thomas McDonald beerdigt, der am Dienstag von einer Katholikin angefahren wurde, die sich nun wegen Mordverdacht in Untersuchungshaft befindet.

  Papst Johannes Paul II ruft die Parteien zu einer ‘Kultur gegenseitiger Offenheit’ auf, und appelliert an sie, ihren Streit friedlich zu beenden. Katholiken und Protestanten sollten sich bewusst sein, dass der Frieden eine sehr zerbrechliche Wirklichkeit sei, die es zu pflegen gelte.

• Die Eltern der Kinder der St. Joseph’s National School in Ballinruane im County Galway schicken seit letzten Mittwoch ihren Nachwuchs aus Protest gegen die geplante Aufnahme von Traveller-Kindern nicht mehr zur Schule.

• Langsam steigt die Arbeitslosigkeit in Irland wieder und liegt nun bei 3.7 %, eine Steigerung von 0,1 % im Vergleich zum Juli.

Donnerstag, 6. September 2001

• Nein, nicht die Wikinger sind im County Mayo gelandet, wenngleich ein Wikingerboot kaum schlechter als das acht Meter lange Kajak gewesen sein dürfte, aus dem Peter Bray in der vergangenen Nacht in Porturlin an Land ging. Gestartet war der 43-jährige Engländer am 23. Juni in Neufundland in Kanada. Ein Helikopter, den es zu Zeiten der Wikinger vermutlich noch nicht gab, brachte ihn zu seinen Freunden und Verwandten, die ihn in Killybegs im County Donegal erwarten.

Mittwoch, 5. September 2001

• Loyalistische Protestler versuchen weiterhin Eltern und Kindern den Zugang zur katholischen Holy Cross Grundschule im Norden Belfasts zu verwehren (s. Montag). Am Morgen wird eine Brandbombe in Richtung der Eltern und Kinder geworfen, wobei fünf Polizisten verletzt werden und eine Frau einen Schock erleidet. Für den Anschlag werden die paramilitärischen Red Hand Defenders verantwortlich gemacht, drei Personen wurden inzwischen verhaftet. Der britische Nordirlandsekretär John Reid verurteilt die Angriffe aufs Schärfste und bricht seinen Urlaub ab um nach Belfast zurückzukehren.

• Nach einer neuen, von Amnesty International durchgeführten Umfrage glauben nur 14 % der Befragten aus ethnischen Minderheiten, dass die irische Polizei Anzeigen betreffend rassistischen Übergriffen ernsthaft genug verfolgt.

Dienstag, 4. September 2001

• Ist für die irische Regierung das Ende des großen Geldverteilens gekommen und bekommt der Finanzminister schlaflose Nächte? Nach heute veröffentlichten Zahlen werden die Steuereinnahmen in diesem Jahr deutlich niedriger ausfallen, als beim letzten Haushaltsansatz geschätzt. So lagen sie bis Ende August um 1,3 Mrd. Euro niedriger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Gleichzeitig sind die Ausgaben des Staates um 24 % gestiegen.

• Entgegen der dringenden Empfehlung der eigenen Umweltsektion hat der Limerick County Council den Bau einer Windfarm mit acht 82 m hohen Turbinen bei Athea im Westen des Countys genehmigt. Den Umweltfachleuten zufolge gefährdet der Bau in hohem Maße die Population der Kornweihe in der Gegend, eine vom Aussterben bedrohte Vogelart.

• Zum ersten Mal seit etwa 3 Jahren trifft sich David Trimble, Friedensnobelpreisträger und der Vorsitzender der Ulster Unionist Party, zu einem Gespräch mit Ian Paisley, dem Vorsitzenden der radikalen loyalistischen Democratic Unionist Party.

Montag, 3. September 2001

• Zweihundert militante Loyalisten versuchen in Ardoyne im Norden Belfasts katholischen Kindern den Weg zu ihrer Holy-Cross-Grundschule zu versperren, die in einer protestantischen Enklave des ansonsten überwiegend katholischen Wohngebietes liegt. Die Polizei geht mit Schlagstöcken gegen sie vor und wird, als die Kinder endlich in der Schule sind, mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen. Der stellvertretende Belfaster Polizeichef kritisiert scharf das Verhalten der Loyalisten und erklärt, die Polizei werde auch weiterhin den Schulweg der Kinder sichern.

• Irland und China unterzeichnen ein Abkommen über kulturelle Zusammenarbeit, das den Weg zu Studienbesuchen und Kulturfestivals im jeweils anderen Land öffnen soll.

Sonnabend, 1. September 2001

• Im Stadion an der Lansdowne Road schlägt die irische Nationalmanschaft mit einem Spieler weniger auf dem Platz in einem Weltmeisterschafts-Qualifikationsspiel die Niederlande mit 1 : 0.

• Die Ulster Unionist Party verschiebt nach einem Treffen des 120-köpfigen Exekutivrates ein weiteres Mal ihre Entscheidung über ihre Haltung zur nordirischen Polizeireform.