Nachrichten aus Irland

Dezember 2003

Zusammengestellt nach Berichten von RTÉ, der Irish Times,
des Irish Independent und anderen Quellen

Aktueller Monat & Archiv

Mittwoch, 31. Dezember 2003

• Im Alter von 109 Jahren stirbt in Galway Brigid Derrane, Irlands zweitälteste Einwohnerin. Geboren auf der Großen Araninsel wurde sie Mitglied der Frauengruppe der Irish Volunteers Cumann na mBan und verbrachte nach dem Osteraufstand von 1916 einige Zeit hungerstreikend im Mountjoy-Gefängnis. Im Alter von 103 verfasste sie ihr Buch A Woman of Aran, das 1998 im Verlag Blackwater Press erschien.
• Nach dem Schlussbericht der irischen Polizei für das Jahr 2002 ist die Zahl der bewaffneten Überfälle um 65 % und die der Vergewaltigungen um 25 % gestiegen. Die Zahl der Morde blieb mit 52 konstant. Für 2003 wird mit einem Sinken der Kriminalitätsrate gerechnet.

Dienstag, 30. Dezember 2003

• Über 6 Millionen Touristen besuchten in diesem Jahr Irland, dies sind 3,7 % mehr als im Vorjahr.
• Nach heftigem Schneefall in der vergangenen Nacht sind im Nordwesten Irlands alle Schneepflüge im Einsatz. Inzwischen sind die meisten Straßen wieder passierbar.

Montag, 29. Dezember 2003

• Das Management des Knexus Callcenter in Castlebar, der Hauptstadt des County Mayo, entschuldigt sich bei seinen 180 Mitarbeitern dafür, dass die Weihnachtsgehälter nicht ausgezahlt wurden, und weist Sorgen zurück, die Firma könne zahlungsunfähig sein. Es handele sich um ein Umstellungsproblem im Buchungssystem. In den nächsten Monaten werde man 50 weitere Arbeitsplätze schaffen.

Sonntag, 28. Dezember 2003

• Taoiseach Bertie Ahern kündigt für Juni einen Kabinettsumbau an und warnt in einem Interview mit einer Sonntagszeitung seine Minister, er werde in den kommenden sechs Monaten ihre Arbeit aufmerksam beobachten, um dann zu entscheiden, wer ein Amt behalten dürfe.

Sonnabend, 27. Dezember 2003

• Die Regierung verspricht in den Counties Dublin, Cork und Waterford mehr Bauland für Familien mit kleinem und mittleren Einkommen zur Verfügung zu stellen. Es geht um rund 3.600 Grundstücke für first-time buyers, d.h. Familien, die ihr erstes Haus erwerben.

Donnerstag, 25. Dezember 2003

• Rom. Vom Balkon seiner Residenz verkündet der Papst in mehr als 60 Sprachen seinen Weihnachtsgruß. Zunächst in den Sprachen, die die Welt als ihre Hauptsprachen ansieht, und bejubelt von den auf dem Petersplatz versammelten Menschen aus den entsprechenden Ländern. Im Halbminutentakt geht es weiter mit weniger geläufigen Sprachen vor einer nun schweigenden Menge. Und dann, im letzten Drittel seiner Ansprache, ein Nollaig shona go leir aus des Papstes Munde und erneut schallt Beifall vom Petersplatz durch den Äther. Der Rundfunksprecher, ein deutscher Pater, ist irritiert. Diesen Beifall verstehe er nicht, vielleicht sei es den Menschen auf dem Petersplatz etwas langweilig geworden, und sie wollten den Papst ermuntern zum Ende zu kommen. Das auf dem Petersplatz Menschen stehen, die Gälisch verstehen, kann sich ein Pater wohl nicht vorstellen.

Mittwoch, 24. Dezember 2003

• Séamus Hegarty, Bischof von Derry, fordert von der irischen Regierung sich des Problems der älteren, im Ausland lebenden Iren anzunehmen. Unter den 400.000 im letzten halben Jahrhundert nach Großbritannien ausgewanderten Iren sei Armut, Depression, Selbstmordgefährdung und Alkoholismus weit verbreitet, derweil eben diese Auswanderer in den 50-er und 60-er Jahren ihre in Irland zurückgebliebenen Familien mit rund 5 Mrd. € unterstützt hätten. Die Regierung müsse von Lippenbekenntnissen zu Taten schreiten und eine Agentur für Iren im Ausland einrichten.
• Rund 300 irischen Strafgefangenen, dies sind fast 10 % aller Gefängnisinsassen, wird über Weihnachten Freigang zum Besuch ihrer Familien gewährt, von einigen Stunden bis zu 9 Tagen.

Dienstag, 23. Dezember 2003

• Irgendetwas klappt nicht mit der Gesundheitspolitik der irischen Regierung. Da gab es das Versprechen, dass bis zum Ende dieses Jahres kein Erwachsener länger als ein und kein Kind länger als ein halbes Jahr auf ein Krankenhausbett warten muss. Und doch stehen über 9.000 Iren seit mehr als zwölf Monaten auf den Wartelisten der Krankenhäuser. Sollte Taoiseach Bertie von wegen Stress im Amt demnächst einen Bypass benötigen, wird er dann auch warten, bis Gevatter Tod sein Problem anderweitig gelöst hat?
• Um 12,2 % stiegen die Hauspreise in den ersten elf Monaten des laufenden Jahres. Der durchschnittliche Preis für ein Haus in Irland lag damit im November bei € 231.109.
• Wahrscheinlich konnten sich die drei Herren einen Weihnachtsbaum anderweitig nicht mehr leisten (s.u.), und so überfielen sie heute das Postbüro der einstigen Whiskeystadt Kilbeggan im County Westmeath. Die Polizei sucht nach Augenzeugen.

Montag, 22. Dezember 2003

• Eine Meldung der Irish Times, die mich zweifeln lässt. Rund € 3.5 Mrd. geben danach die Iren in diesem Jahr zu Weihnachten aus. Ich rechne nach: bei vier Mio. Einwohnern sind dies € 875 Euro pro Kopf, jedes ein paar Tage alte Baby inbegriffen. Dann stoße ich auf eine zweite Notiz: 400.000 Weihnachtsbäume für summa summarum € 30 Mio. werden in Irland in diesem Jahr verkauft, was nach meinem Taschenrechner 75 Euro pro Baum sind. Nun, ich habe seit Jahren keinen Weihnachtsbaum mehr gekauft und kenne die Preise nicht, aber dreht hier der Taschenrechner durch, oder stimmt etwas anderes nicht?
• Die Weihnachtszeit, bei dem irischen Klima eine beliebte Zeit um im Freien zu baden. Also warnt Irish Water Safety (IWS) vor den Gefahren von ‘wasser-basierten Aktivitäten’, bei denen im letzten Jahrzehnt allein während der Weihnachtstage 108 Menschen ertranken. Insbesondere die Veranstalter von Wohltätigkeits-Schwimmen werden aufgefordert, die lokalen Küstenwachstationen zu konsultieren und informieren.

Sonntag, 21. Dezember 2003

• Wie viele heute protestieren, weiß ich nicht. Der Protest richtet sich gegen Pläne, auf dem historischen Gelände der Schlacht am Boyne in unmittelbarer Nachbarschaft von Newgrange eine Müllverbrennungsanlage zu errichten. Ein Akt von kulturellem Vandalismus, meinen die Organisatoren. In der Schlacht am Boyne wurden 1690 die Truppen des katholische Königs James Stuart von denen seines protestantischen Schwiegersohnes Wilhelm von Oranien geschlagen.

Sonnabend, 20. Dezember 2003

• Der letzte Monat eines Jahres ist immer ein Monat der Statistiker. Geht es dem Land besser oder schlechter als in den Jahren zuvor, und wo steht es im Vergleich zu anderen? Und nähert sich Weihnachten, rücken Fragen zu sozialen Lage in den Mittelpunkt. So zeigen soeben veröffentlichte Zahlen, dass in Irland die Gefahr in dauerhafte Armut zu geraten sehr ausgeprägt ist, nur in zwei Ländern der EU liegt sie höher. Des weiteren liegt das durchschnittliche Renteneintrittsalter so hoch und die Lebenserwartung so niedrig wie in keinem anderen Land der Europäischen Gemeinschaft. Vielleicht sollte man Aktien irischer Rentenversicherer kaufen!
• Taoiseach Bertie spricht sich für ein ‘flexibleres Wahlsystem’ in Nordirland aus, damit künftig nicht, wie es derzeit geschieht, eine Partei mit 30 von 108 Abgeordneten jegliche Regierungsbildung verhindern kann. Selbst dann, sollten sich alle anderen Parteien einig sein (was sie derzeit allerdings nicht sind).

Freitag, 19. Dezember 2003

• Das irische Institut für Wirtschafts- und Sozialforschung sieht die Aussichten für das kommende Jahr gar nicht so schlecht. Ein Wirtschaftswachstum von 3,5 % wird vorhergesagt, und die Inflationsrate soll bis März auf unter 2 % fallen.
• Die folgenden Meldung nimmt Bezug auf einen Bericht von Éanna Ó Caollaí in der Irish Times. Es wird nicht gesagt, wie viele Menschen protestierten, doch sie protestierten vor dem Dubliner EU-Büro für die Anerkennung des Irisch-Gälischen als offizielle Sprache der Europäischen Union.

Donnerstag, 18. Dezember 2003

• Am Abend erklärt der Hardliner der Ulster Unionists und langjährige Opponent seines Parteichefs David Trimble Jeffrey Donaldson mit zwei weiteren Mitgliedern den Austritt aus der UUP. Er denke darüber nach, sich Ian Paisleys DUP anzuschließen – der sich die Hände reibt und in einer ersten Stellungnahme den ‘Hammerschlag’ begrüßt. Damit ist die einstmals stärkste Partei nur noch mit 24 Abgeordneten im nordirischen Parlament vertreten und hat nun die gleiche Stärke wie die Sinn Féin. Sollten sich die drei ehemaligen UUP-Mitglieder der DUP anschließen, so käme diese auf 33 Abgeordnete. Hier die voraussichtlich neue Sitzverteilung:

  Partei		Mandate 1998		Mandate 2003
  UUP		29		24
  SDLP		21		18
  DUP		21		33
  SF		18		24
  Alliance Party		5		6
  Andere		14		3

• Seán Ó Cuirreáin, bislang stellvertretender Direktor von Raidió na Gaeltachta, wird Regierungsbeauftragter für die irische Sprache. An Coimisinéir Teanga, der Kommissar der Sprache, lautet sein offizieller Titel. Seine Aufgabe ist die Durchsetzung der Official Languages Act 2003, die die öffentlichen Einrichtungen verpflichtet alle Dienstleistungen auf Wunsch in irischer Sprache anzubieten. Was unter anderem bedeutet, dass die Behörden Formulare in irischer Sprache vorhalten und Angaben in dieser Sprache akzeptieren müssen.

Mittwoch, 17. Dezember 2003

• Erziehungsminister Noel Dempsey kündigt für das kommende Jahr Investitionen in Höhe von € 380 Mio. für Schulgebäude an. Die Schule in Gortahork im County Donegal, in die die Eltern ihre Kinder wegen des schlechtes Bauzustandes nicht mehr gehen lassen, soll jedoch nichts von dem Kuchen abbekommen. Er lasse sich nicht politisch erpressen, meint der Minister. Zunächst hätten die Eltern ihre Kinder wieder zur Schule zu schicken, danach könne man miteinander reden.
• Alle Anklagepunkte gegen Fiona Farrelly, eine der vier im Zusammenhang mit der sogenannten Stormontgate-Affäre verhafteten Personen, werden fallengelassen und sie wird auf freien Fuß gesetzt. Bei der Affäre, die im Herbst 2002 zur Suspendierung der nordirischen Exekutive führte, handelt es sich um die angebliche Aufdeckung eines Spionagerings von IRA und Sinn Féin im nordirischen Parlament zu Stormont.
• Der Vorsitzende der nordirischen DUP Ian Paisley sen. wirft der irischen Regierung vor, sie versuche Nordirlands ‘belagerte Fischereiflotte’ zu vernichten. Die von der Regierung der Republik gegenüber der EU Fischereikommission gemachten Vorschläge über eine weitere Beschränkung der Fangquoten in der irischen See träfen den Lebensnerv der nordirischen Flotte und seien eine ökonomische Kriegserklärung. Es gebe aus wissenschaftlicher Sicht keinen Grund für weitere Fangbeschränkungen, die Kabeljauvorkommen hätten sogar deutlich zugenommen. Und so fordert sein Parteikollege im europäischen Parlament Jim Nicholson die britische Regierung dazu auf, sich aus der gemeinsamen europäischen Fischereipolitik zurückzuziehen.

Dienstag, 16. Dezember 2003

• Es gebe keinen Anlass für dem Verdacht, dass eine im Dáil vertretene Partei finanziell von der Provisional IRA oder einer kriminellen Organisation unterstützt werde, betont heute Taoiseach Bertie Ahern. Dies kann man als Zurückweisung von Spekulationen des Vorsitzenden der oppositionellen Fine Gael sehen, der sich seinerseits auf Andeutungen von Justizministers McDowell aus Berties eigener Partei bezieht, der Anfang des Monats die Sinn Féin mit kriminellen Organisationen in Verbindung brachte.
• In London kommen der britische Premierminister Tony Blair, Taoiseach Bertie Ahern und Vertreter der nordirischen Parteien zusammen, ohne dass sich eine Regierungsbildung in Nordirland abzeichnet. Die DUP, der nach dem Ausgang der Wahlen vom 26. November der Posten des Ersten Ministers zusteht, weigert sich prinzipiell die Sinn Féin in der Regierung zu akzeptieren, der nach dem Wahlausgang der Posten des stellvertretenden Ersten Ministers zusteht.
• Das National Disease Surveillance Centre (NDSC), ich versuche es mit Nationales Zentrum zur Überwachung von ansteckenden Krankheiten zu übersetzen, meldet eine dramatische Zunahme von sich durch Geschlechtsverkehr übertragenden Krankheiten, AIDS inbegriffen. Um 22 % stieg die Zahl der Infektionen im vergangenen Jahr, meist bei Heterosexuellen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren.

Montag, 15. Dezember 2003

• Der Euro, die gemeinsame europäische Währung – am meisten kommen nach einer neuen Umfrage die Iren mit ihr zurecht. Neun von zehn Iren denken beim täglichen Einkauf bereits in Euro, d.h., sie rechnen nicht mehr in ihre frühere Währung um. Bei den Italienern am anderen Ende der Skala sind dies gerademal ein Drittel. Nun ja, vielleicht haben die Iren ihr früheres Punt nie so recht als eigene Währung sondern immer als Seitenlinie des englischen Pfund empfunden, das sie nun endlich losgeworden sind.
• Die Geburtenrate in Nordirland ist auf das niedrigsten Niveau seit Beginn der Aufzeichnungen gefallen; im Schnitt hat nach letztem Stand jede Frau 1,8 Kinder. Um die Bevölkerungszahl zu halten, sind statistisch gesehen 2,1 Kinder pro Frau erforderlich.

Sonntag, 14. Dezember 2003

• Ein in der vergangenen Woche veröffentlichter regionaler Vergleich zeigt signifikante Unterschiede in der Lebensweise zwischen irischen Ossis und dem Rest des Landes. So trinken Frauen im Osten mehr Alkohol in der Öffentlichkeit, neigen stärker zur Fettleibigkeit und konsumieren häufiger Cannabis. Hoch ist der Alkoholkonsum bei Schülern; 46 % der Jungen und 38 % der Mädchen sind schon einmal betrunken gewesen. Als positiv stellt die Untersuchung der Galwayer Zweigstelle der National University of Ireland (NUI) heraus, dass das Rauchen unter Schülern abgenommen hat.

Sonnabend, 13. Dezember 2003

• Sportminister John O’Donoghue fordert die Gaelic Athletic Association auf, ihr Stadion am Corke Park im nationalen Interesse auch anderen als gälischen Sportarten (Gaelic Football, Hurling) zu öffnen. Ein Sprecher der GAA bezeichnet diesen Versuch einer ‘Einflussnahme von außen’ als nicht hilfreich. In alten Zeiten galt es für die GAA schon als Sakrileg, andere Sportveranstaltungen auch nur zu besuchen. So musste im Jahr 1939 der irische Staatspräsident und lebenslange Verfechter der irischen Sprache Douglas Hyde nach 30jähriger Schirmherrschaft diese zurückgeben, nachdem er in offizieller Funktion ein ‘normales’ Fußballspiel besucht hatte.
• Die jährliche Inflationsrate sank im November geringfügig um 0,1 auf nun 2,2 %. Während die Preise für Konsumgüter dabei nur um 1,3 % stiegen, erhöhten sich die von Dienstleistungen um 3,1 %.

Freitag, 12. Dezember 2003

• Die High Society des Big Business, dem irischen Zentralamt für Statistik zufolge findet man sie im Malahide im Norden des County Dublin. 41,3 % aller Einwohner über 15 Jahre fallen dort in die Kategorie ‘Arbeitgeber, Manager und hochqualifizierte Fachkräfte’.

  Landesweit sind die in Irland tätigen ausländischen Arbeitskräfte im Schnitt besser qualifiziert als die einheimischen. Mehr als 20 % von ihnen gelten als hochqualifizierte Fachkräfte, während dies bei den Iren nur 16,5 % sind. Von den 190.000 in Irland lebenden Ausländern über 15 Jahre üben mit 150.000 79 % einen Beruf aus, während dies bezogen auf die Gesamtbevölkerung nur 58 % sind.

• Wer hätte sie nicht schon auf Dubliner und anderen Flohmärkten Irlands gesehen: Kopien von Kopien von Kopien der irischen Unabhängigkeitserklärung von 1916, die den Proklamanten Kopf und Kragen kosteten und wir Touristen zu einem Vielfachen des Herstellungswertes erstehen. Doch nun tauchte ein bisher unbekanntes tatsächlich im Jahre 1916 gedrucktes Exemplar auf. Für 69.600 englische Pfund wurde es gestern in London versteigert, was den Schätzwert um etwa das Doppelte überstieg.

Donnerstag, 11. Dezember 2003

• Britische Soldaten und Polizei verlassen heute endgültig Derrys historische Ebrington-Kaserne. Der Standort wird geschlossen, womit 160 Jahre Militärgeschichte in der City zu Ende geht. Die 1841 im z.T. viktorianischen Stil errichtete Kaserne war in den letzten 30 Jahren immer wieder Ziel von IRA-Angriffen gewesen. Zuvor waren bereits die Armeebasen von Magherafelt im County Derry, Long Kesh im County Antrim und der Truppenstandort Malone Road in Belfast geschlossen worden.
• Die Dezentralisierung der Regierungseinrichtungen sei beschlossenen Sache, basta! So gestern Finanzminister McCreevy. Natürlich könnte die Regierung noch 100 Jahre lang diverse Einrichtungen konsultieren, doch man habe die Sache vor vier Jahren angekündigt und werde sie nun durchziehen. Irland sei ein sehr kleines Land, und die Regierung werde nicht versuchen, jemanden auf den Mond oder an den Nordpol zu versetzen. Das Land sei sehr wohl geeignet für eine Dezentralisierung, und das bedeute auch, sich von der Dubliner Einstellung und Arroganz gegenüber den Menschen auf dem Lande zu verabschieden.

Mittwoch, 10. Dezember 2003

• Erneut bietet die Sinn Féin der Führung der aus den Wahlen zum nordirischen Parlament als Nr. 1 hervorgegangenen DUP Gespräche an, um einen Weg zur Bildung einer nordirischen Exekutive zu finden. Doch die DUP stellt sich erwartungsgemäß taub; kein Wunder bei einer Partei, die eine nordirische Regierung gar nicht will und erst recht keine unter Beteiligung der Sinn Féin.

  Das nordirische Parlament als politische Einrichtung ist trotz der Wahl vom 26. November immer noch suspendiert, so dass es – was Herrn Paisley gelegen kommt – keine Frist gibt, bis zu der man sich auf eine Regierung einigen muss. Sollte die Suspension jedoch aufgehoben werden, so wird die Stoppuhr in Betrieb gesetzt und wenn es nicht zu einer Regierungsbildung kommt, können Neuwahlen angesetzt werden. Und dabei könne die DUP ihre frisch gewonnene Vorherrschaft im unionistischen Lager verlieren, meint die Sinn Féin. Ergo solle sie sich doch besser mit ihr einigen. Doch ich glaube, Herr Paisley sieht das anders.

• Kann man sich in Deutschland vorstellen, dass die Mitarbeiter einer Kreisverwaltung streiken, weil ein Kollege entlassen werden soll? Im Wexford County Council stimmen die Angestellten darüber heute ab. Joe Harpur, 43 Jahre alt, wurde in einem Nationalpark als Assistant FÁS Supervisor, ich versuche es mit ‘Assistent des Chefs der ABM-Kräfte’ zu übersetzen, angestellt. Der County Council (Kreisverwaltung) meint nun, wegen der Kürzung der Mittel für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen brauche man ihn nicht mehr. Mehr als 200 Angestellte des County Councils nahmen gestern an einer Protestveranstaltung teil.

Dienstag, 9. Dezember 2003

• Zum ersten Mal gestattet der Ausschuss zur Untersuchung der Vorgänge am Bloody Sunday des Jahres 1972 einem ehemaligen IRA-Mitglied die anonyme Aussage. Er habe von dem Zeugen PIRA 7 vertrauliche Informationen erhalten, die ihn davon überzeugt hätten, dass es erforderlich sei ihm Anonymität zu gewähren und das Fotografieren während der Aussage zu verbieten, begründet der Vorsitzende des Tribunals Lord Saville die ungewöhnliche Entscheidung.
• Wann fällt die magische Grenze von vier Millionen? Die Bevölkerung der Republik Irland ist innerhalb eines Jahres von 3,92 auf 3,98 Mio. Einwohner gestiegen, der höchste Stand seit 1871. Der Geburtenüberschuss betrug dabei 31.900, bei den verbleibenden 29.800 Neubürgern handelte es sich um Einwanderer.

Montag, 8. Dezember 2003

• Ein Denkmal des irischen Schriftstellers Brendan Behan, dem famous Irish drinker with a writing problem, wie einst ein Schauspieler bei einer Dubliner literarischen Pubbekriechung meinte, wird heute am Ufer des Royal Canal enthüllt. Behan sitzt lebensgroß auf einer Bank, eine singende Amsel ihm zur Seite. Der Royal Canal ist wohl der beste Platz für sein Denkmal. Hier der Meister persönlich:

  A hungry feeling,
  Came o’er me stealing,
  And the mice were squealing
  In my prison cell.

  And that old triangle
  Went jingle-jangle,
  All along the banks
  Of the Royal Canal.

• Age Action Ireland fordert Bestimmungen aus den Beschäftigungsgesetzen zu streichen, die ältere Menschen diskriminieren. So hätten Städte und Gemeinden mit Hinweis auf die Überschreitung des Renteneintrittsalters die Einstellung über 65-jähriger als Stadtführer abgelehnt, obwohl gerade diese mit ihrem Erfahrungsschatz in hervorragender Weise für solche Aufgaben geeignet seien. Man begrüße daher den Regierungsbeschluss von letzter Woche, nach der die Altersgrenze von 65 bei Neueinstellungen in den öffentlichen Dienst fallen soll.

Sonntag, 7. Dezember 2003

• Nach einem Bericht des Immigrant Council of Ireland hat sich die Zahl der Menschen, die sich an ihn gewandt haben, von Juni bis Oktober 2003 mehr als verdoppelt. Während sich in den ersten acht Monaten nach Gründung der Einrichtung durchschnittlich 135 Personen an sie wandten, waren es im dritten Quartal 2003 im Schnitt 299 pro Monat. Nach den Worten der Vorsitzenden, Sr. Stanislaus Kennedy, ist die Einwanderung nach Irland ein dauerhaftes Phänomen geworden, und es werde Zeit, dass die Regierung mit einer langfristig angelegten Integrationspolitik darauf reagiere.
• Bei der Begeisterung ob der neuen Miss World – auch Irlands Präsidentin Mary McAleese übermittelte inzwischen ihre Glückwünsche – ging die folgende ein wenig unter. 300 Anti-Kriegs-Demonstranten protestierten gestern Nachmittag in Shannon, eskortiert durch nicht viel weniger Polizisten, gegen die weitere Nutzung des Flughafens durch die amerikanische Kriegs-Luftflotte. Der von der Peace and Neutrality Alliance unterstützte Protest verlief friedlich. Zu den Forderungen der Allianz gehört ein Referendum, mit dem die irische Neutralität in der Verfassung festgeschrieben werden soll.

Sonnabend, 6. Dezember 2003

• Zwei irische Frauen. In China lässt sich die 19-jährige Miss Ireland Rosanna Davison, eine Tochter von Chris De Bugh, zur Miss World krönen. Ob dies wirklich das richtige Land für ihre begeisterten Landsleute ist, die zu Hause auf Selbstbestimmung und Einhaltung der Menschenrechten pochen? Eine andere Frau, eine Postmeisterein, deren Name der Irish Times nicht wichtig genug ist ihn zu nennen, wird von der Polizei gefesselt in ihrem kleinem Büro in Edgeworthstown im County Longford aufgefunden. Zwei junge Männer haben sie überfallen und sind mit einer nicht unbeträchtlichen Menge Geldes aus der Portokasse entkommen.
• Schusssichere Fenster haben den beiden Kindern und der Lebensgefährtin des Sinn Fein Ratsherrn von Lisburn im Westen Belfast womöglich das Leben gerettet. Zwei Schüsse wurden gestern Nacht auf das Haus abgefeuert, doch das Glas hielt Stand. Die nordirische Polizei macht loyalistische Extremisten für den Anschlag verantwortlich.

Freitag, 5. Dezember 2003

• Mehr als 10.000 Angestellte sind von der geplanten Verlagerung von acht Ministerien ins Umland betroffen. Tausenden von Mitarbeitern sei das durchaus nicht unangenehm, sagt Finanzminister McCreevy, und wer in Dublin bleiben wolle, für den werde sich eine andere Stelle finden. Doch warum stehen gerade das Finanzministerium, der Sitz des Regierungschefs, das von seiner Stellvertreterin geführte Wirtschaftsministerium sowie die mächtigen Außen- und Gesundheitsministerien nicht auf der Transferliste, fragen die Chefs der Ministerien, die Dublin verlassen sollen. Wird es künftig zwei Klassen geben: die einflussreichen Ministerien in der Hauptstadt beim Regierungschef und die zweiter Klasse in der Provinz?
• Der irische Kinderschutzbund ISPCC spricht in seinem Jahresbericht von zunehmendem Rassismus gegen bettelnde Kinder. Die Zahl bettelnder Traveller-Kinder habe zwar um 22 % abgenommen, deutlich zugenommen jedoch die der Roma-Kinder, die auf Dublins Straßen für den Unterhalt ihrer Familien sorgen. Sie bräuchten das Geld, um vom einen zum anderen Tag überleben zu können. Opfer rassistischer Beschimpfungen sind dem Bericht zufolge oft auch Traveller-Kinder; viele verlassen deswegen die Schule.
• Seit gut einem Vierteljahr fällt die Arbeitslosenrate in Irland wieder und lag im November bei 4,3 %. Die stärkste Abnahme war im Großraum Dublin zu verzeichnen.

Donnerstag, 4. Dezember 2003

• Nach einer von der katholischen Kirche Irlands veröffentlichten Umfrage glauben 94 % der Befragten, dass die Kindesmissbrauchsskandale durch Priester das Ansehen der Kirche beschädigt haben. Befragt wurden sowohl Mitglieder des Klerus als auch die Öffentlichkeit; was letztere betrifft, so glaubt mehr als die Hälfte der Befragten, dass das Ansehen irreparabel beschädigt wurde.
• Einem Schwarzbrenner im großen Stil ist die Garda in Irlands höchstem Norden auf die Schliche gekommen. In einem verlassenen alten Haus im Norden der Grafschaft Donegal entdecken die Polizisten 40 Gallonen Vorprodukt und 10 Gallonen bereits destilliertes Poitín. Eine Gallone, das sind 4,55 Liter.

Mittwoch, 3. Dezember

• Acht Ministerien sowie das Office of Public Works sollen im Rahmen einer großangelegten Dezentralisierungsaktion Dublin verlassen und im Umfeld der irischen Hauptstadt angesiedelt werden. Niemand soll entlassen werden und die Verlagerung der Arbeitsplätze auf freiwilliger Basis erfolgen. Ministern, deren Dienstsitz aus der Hauptstadt verlagert wird, soll nahe dem Parlament Büros mit einem Sekretariat zur Verfügung gestellt werden, von denen aus sie während der Parlamentssitzungen ihren Amtsgeschäften nachgehen können.
• Finanzminister McCreevy hat – je nach Sichtweise – sich überzeugen lassen oder klein beigegeben. Er wird nun die Steuervergünstigungen für die Filmindustrie bis zum Ende des Jahres 2008 verlängern. (s.a. 15. Juli 2003).
• Ian Paisleys DUP weist kürzlich aufgekommene Gerüchte über Geheimkontakte zur Regierung der Republik Irland zurück. Die irische Regierung habe die DUP stets als Feind gebrandmarkt, so dass solchen Meldungen jegliche Grundlage entbehre.
• Ein Gerichtsurteil zur Warnung an alle, die Irlands Straßen mit Rennstrecken verwechseln. Zu acht Jahren Gefängnis und 30 Jahren Führerscheinentzug wurde heute ein 18-jähriger verurteilt, der bei einem durch gefährliche Fahrweise verursachten Unfall zwei Polizisten getötet hatte. (s.a. 7. November 2003)

Dienstag, 2. Dezember 2003

• Rund 100 in der Amalgamated Transport and General Workers’ Union organisierte Lokomotivführer drohen für die Vorweihnachtszeit mit Streiks, nachdem die Bahngesellschaft es abgelehnt hat, ihre Gewerkschaft als Verhandlungspartner zu akzeptieren. Nach Auskunft von Iarnród Éireann ist man nur bereit mit SIPTU und der National Bus and Rail Workers’ Union zu reden, in denen die Mehrheit der Lokführer organisiert ist.
• Der britische Premierminister Tony Blair bringt seine Hoffnung zum Ausdruck, dass es trotz des Wahlerfolgs der das Karfreitagsabkommen ablehnenden DUP zu einer Wiederherstellung der nordirischen Regierung kommt. Auch dürfe man nicht übersehen, das 70 % der Wähler für Parteien gestimmt hätten, die das Abkommen unterstützen. Dass es nun zu einer Wiederbelebung paramilitärischer Gewalt in Nordirland kommt, glaube er nicht.

Montag, 1. Dezember 2003

• Der britische Nordirlandsekretär Paul Murphy und der Vorsitzende der DUP Ian Paisley (sen.) beenden ihr erstes Gespräch nach den Wahlen zum nordirischen Parlament. Er sei nicht bereit, sagt Herr Paisley, Chef einer nordirischen Regierung zu werden, an der Sinn Féin Mitglieder beteiligt seien. Eine Regelung, nach der seine Partei mit ‘bewaffneten Terroristen’ die genügend Waffen besäßen, um ganz Nordirland in die Luft zu sprengen, an einem Kabinettstisch zu sitzen habe, werde er nicht akzeptieren.
• Das National Education Welfare Board, die neue ‘Schülerbetreuungsbehörde’ nimmt ihre Arbeit auf. Eine ihrer Aufgaben ist sich darum zu kümmern, dass die Schüler auch zur Schule gehen, wofür bisher zum einen die School Attendance Officers und zum anderen die irische Polizei, die Garda zuständig war. Nach den Worten von Erziehungsminister Dempsey ist es eine vorrangige Aufgabe, die hohe Zahl der Schulabgänger ohne Abschlussexamen (derzeit 13.000 bzw. 18 %) zu verringern. Dazu ist die Behörde nach Ansicht der Lehrergewerkschaften mit einem Budget von € 6 Mio. und landesweit 73 Education Welfare Officers viel zu schlecht ausgestattet. Für Risikoschüler sei die Unterstützung durch die Regierung völlig unzureichend, meint der Generalsekretär von INTO John Carr.