Nachrichten aus Irland

Aktueller Monat & Archiv

Freitag, 30. Juni 2000

• Im Dáil, dem irischen Parlament, scheitert erwartungsgemäß ein von der Labour Party eingebrachtes Misstrauensvotum. Zwar hat die gegenwärtige Koalition aus Fianna Fáil und Progressive Democrats keine Mehrheit im Parlament, überlebt jedoch mit Hilfe der Stimmen unabhängiger Abgeordneter. Anschließend geht das Parlament für 14 Wochen in die Ferien.

• Senator Liam Fitzgerald von der Fianna Fáil vergleicht das Benehmen irischer Krankenhausärzte ihren Patienten gegenüber mit denen von Schweinezüchtern. Die irischen Schweinezüchter protestieren energisch gegen diesen Vergleich.

Donnerstag, 29. Juni 2000

• Ein neues Abbey Theater für ca. 50 Mill. IR£. Die Planungen laufen darauf hinaus, das bisherige nicht besonders attraktive Gebäude aus dem Jahre 1966 abzureißen und an gleicher Stelle eine neues zu errichten. Besser, als eine neues auf der grünen Wiese zu bauen, was auch zur Diskussion stand.

Mittwoch, 28. Juni 2000

• Vier Grundeigentümer, denen insgesamt 70 % der Großen Blasketinsel gehören, verlieren vor dem High Court einen Prozess gegen den irischen Staat. Dieser will die Insel zu einem Nationalpark erklären und einen Zwangsverkauf des Landes anordnen.

Dienstag, 27. Juni 2000

• Die irische Regierung plant Preiskontrollen als Maßnahme gegen die hohe Inflationsrate in Irland; 6 % sind für die kommenden Monate prognostiziert. Als eine der ersten Maßnahmen ist vorgesehen, den Preis für das Pint (Guinness) einzufrieren.

Montag, 26. Juni 2000

• Ein historischer Tag, melden die irischen Medien. Zum ersten Mal in der Geschichte lässt die Provisional IRA ihre Waffenlager durch unabhängigen Inspektoren kontrollieren. Die Inspektoren, das sind der frühere finnische Staatspräsident Martii Ahtisaari und der frühere Generalsekretär des Afrikanischen Nationalkongresses, Cyril Ramaphosa. Die Kontrollen soll künftig alle paar Monate erfolgen.

  Nach den Worten des britischen Premierministers Tony Blair ist diese Inspektion ein substantieller Schritt vorwärts auf einen dauerhaften Frieden hin, jedoch noch keine Abrüstung.

• Einer Untersuchung zufolge ist Dublin – deutlich vor Berlin liegend – die fünftteuerste Metropole in der Europäischen Union.

Sonnabend, 24. Juni 2000

• Die irische Rundfunk- und Fernsehanstalt RTE, deren Bilanz im letzten Jahr einen Verlust von ca. 15,5 Mill. DM auswies, will die gegenwärtigen Gebühren von ca. 14 DM pro Monat auf ca. 25 DM pro Monat erhöhen, u.a. mit der Begründung, die BBC sei genauso teuer. Dem wird entgegengehalten, dass die BBC anders als die RTE keine Werbeeinnahmen hat.

Freitag, 23. Juni 2000

• Auf den ersten Blick ist nicht viel passiert: Bei einer Nachwahl hat die Regierungspartei Fianna Fáil einen Parlamentssitz, den sie auch zuvor nicht hatte, nicht bekommen – und in den irischen Medien wird dies als ein Ereignis kommentiert, dass das ‘Gesicht der irische Politik auf immer verändert’. Denn seit 60 Jahren hat die FF bei allen Nachwahlen in erster Zählung den höchsten Stimmenanteil erzielt, wenngleich sie den Sitz bei den Folgezählungen aufgrund des System des Stimmenübertrags nicht immer bekommen hat. Diesmal jedoch liegt sie bereits in erster Zählung nur an dritter Stelle, und den Parlamentssitz bekommt letztendlich ein unabhängiger Kandidat knapp vor dem Kandidaten der oppositionellen Fine Gael.

Donnerstag, 22. Juni 2000

• Nach einem Bericht wird der Mangel an ‘Ärzten im Praktikum’ zur Einschränkung in der Patientenversorgung in irischen Krankenhäusern führen.

Mittwoch, 21. Juni 2000

• Einer Untersuchung zufolge hat die Hälfte aller Studenten am Dublin Institute of Technology bereits einmal illegale Drogen konsumiert, in den meisten Fällen Cannabis.

Dienstag, 20. Juni 2000

• Minister Willie O’Dea weist energisch einen Bericht der OECD zurück, nach dem ein Viertel aller Erwachsenen in Irland nicht vernünftig lesen und schreiben können.

Montag, 19. Juni 2000

• Ein bisschen Klatsch und Tratsch. Die irische Folksängerin Dolores Keane verliert auf zwei Jahre ihren Führerschein wegen Trunkenheit am Steuer.

Sonntag, 18. Juni 2000

• Vorwärts in die Vergangenheit. Im Jahre 1900 dauerte eine Eisenbahnfahrt von Cork nach Dublin drei Stunden, ab sofort etwas länger. Nach dem heute in Kraft tretenden Fahrplan fahren fast alle Züge früher ab und kommen später an. Die irische Eisenbahn begründet dies mit Bauarbeiten auf fast allen Strecken um das irische Eisenbahnnetz zu modernisieren. Da der neue Plan für die Lokführer längere Arbeitszeiten bedeutet, kündigen diese einen Streik an, der in der kommenden Woche zu chaotischen Verhältnissen führen wird.

• Der Vorsitzende der oppositionellen Fine Gael, John Bruton, weist alle Spekulationen, seine Position als Parteivorsitzender sei gefährdet, als Unsinn zurück. Der Hintergrund: die Zustimmung der Wähler zur FG ist einer Umfrage zufolge von 27 % bei der letzten Wahl auf 18 % gesunken.

Sonnabend 17. Juni 2000

• Nach neuen Enthüllungen der letzten Tage über Geldzuwendungen von Geschäftsleuten an irische Politiker und dem gestrigen Wechsel der Senatorin Helen Keogh von den Progressive Democrats zur oppositionellen Fine Gael wird über ein Auseinanderbrechen der Regierung und Neuwahlen im Herbst spekuliert. Nach einer Umfrage sind alle Parteien deutlich in der Wählergunst gesunken, mit einer Ausnahme, der Sinn Féin.

Donnerstag, 15. Juni 2000

• Gibt es bald keine männliche Lehrer mehr an irischen Grundschulen? Nach einer Mitteilung des St. Patricks College in Dublin sind 85 % aller Studenten für das Lehramt an Grundschulen Frauen.

• Die irische Post weist Spekulationen zurück, sie plane ländliche Poststellen zu schließen. Die Überlegungen liefen im Gegenteil darauf hinaus, künftig auch einen Bankservice bereitzustellen, vor allem, seitdem die Bank of Ireland angekündigt hat, die Zahl ihrer Filialen deutlich zu verringern.

Dienstag, 13. Juni 2000

• Neue Horrormeldung für alle, die sich in Irland ein Haus kaufen wollen. Nach einer Prognose von Davy Stockbrokers werden die Hauspreise in den kommenden Jahren um weitere 30 % steigen.

Sonntag, 11. Juni 2000

• In einer dramatischen Rede nimmt die irische Staatspräsidentin Mary McAleese Stellung zu den Korruptionsskandalen in der irischen Politik. Nach ihren Worten haben diese die Atmosphäre mit Zynismen und Zweifeln vergiftet und das Vertrauen in die Politik, zu Behörden und in die geistige Führerschaft zerstört.

Freitag, 9. Juni 2000

• Regierung und Gewerkschaften kommen heute zu einem Gespräch über die wachsende Inflation in Irland zusammen, die die letzten Lohnerhöhungen zunichte zu machen droht.

• Rev. Ian Paisley von der Democratic Unionist Party (DUP) warnt die nordirische Exekutive vor Maßnahmen gegen die beiden Minister seiner Partei und nennt sie illegal.

Donnerstag, 8. Juni 2000

• Die DUP und die anderen drei Parteien im nordirischen Parlament gehen auf Kollisionskurs. Nach dem wöchentlichen Treffen des Kabinetts kündigt der Erste Minister David Trimble von der Ulster Unionist Party an, er wolle die beiden Minister der DUP wegen ihrer Weigerung an den Sitzungen teilzunehmen von den Treffen zwischen den Regierungen Nordirlands und der Republik Irland ausschließen und keinen Zugang mehr zu Kabinettspapieren geben.

• Für Tory Island vor der Küste Donegals befindet sich eine 600 m lange Landebahn in Planung. Nachdem die 1980 drohende Zwangsräumung der Insel abgewendete wurde – einer von mehreren Plänen sah vor, dort ein Hochsicherheitsgefängnis zu errichten –, hat sich für die mehr als 170 Einwohner viel getan. So gibt es seit dem letzten Herbst auf der Insel neben der Grund- auch eine weiterführende Schule.

Mittwoch, 7. Juni 2000

• Wie soeben gemeldet, ist die Arbeitslosenrate in Irland erstmals unter 5 % gesunken. Zugenommen hat vor allem die Berufstätigkeit bei verheirateten Frauen. Mit 3,9 % liegt die Arbeitslosenrate in Dublin am niedrigsten, mit 7,3 % in den ländlichen Gebieten des irischen Westens am höchsten. Im Schnitt resultiert daraus eine Arbeitslosenrate von 4,7 %, die deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 8,8 % liegt.

• Die Presbyterian General Assembly in Belfast begrüßt mit großer Mehrheit die Wiederherstellung der nordirischen Exekutive und steht damit im Gegensatz zum Protestanten-Prediger Ian Paisley und seiner Partei DUP.

Dienstag, 6. Juni 2000

• Derzeit wird in Nordirland das Verfahren um den Bloody Sunday neu aufgerollt, an dem vor 28 Jahren in Derry dreizehn katholische Demonstranten von britischen Soldaten erschossen wurden. Dabei kamen nach einem Bericht von Gerichtsmedizinern zwei der Getöteten durch Schüsse in den Rücken ums Leben, einer von ihnen, während er am Boden lag.

• Die Labour Party ernennt Michael D. Higgins zu ihren außenpolitischen Sprecher. Er ist ein strikter Gegner der NATO-Angriffe auf Jugoslawien und vertritt den Flügel seiner Partei, der für eine irische Neutralität in internationalen Sicherheitsfragen steht. Anders als die meisten irischen Politiker spricht er fließend Gälisch.

• Im nordirischen Parlament scheitert nach hitziger Diskussion ein Antrag Ian Paisleys von der DUP, während der Parlamentssitzungen und an festgelegten anderen Tagen über dem Gebäude sowie den Ministerien die britische Flagge wehen zu lassen.

• Mehr als 6.200 Frauen, die sich im vergangenen Jahr in Großbritannien einem Schwangerschaftsabbruch unterzogen haben, gaben eine irische Heimatadresse an.

Montag, 5. Juni 2000

• Der britische Premierminister Tony Blair entschuldigt sich bei drei Männern und einer Frau, seinerzeit bekannt als die Guildford Four, die 1974 wegen angeblicher IRA Bombenanschläge unschuldig zu lebenslänglich Gefängnis verurteilt worden waren. Nach 15 Jahren wurden sie 1989 freigelassen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Polizei Beweise gegen sie erfunden und im Prozess gelogen hatte.

• Heute Morgen tritt zum ersten Mal nach Wiederherstellung der nordirischen Exekutive das nordirische Parlament zusammen. Spannungen gibt es vor allem in der Flaggenfrage, da sich die beiden Sinn Féin Minister weiterhin weigern an Feiertagen den Union Jack über ihren Ministerien wehen zu lassen, solange nicht gleichzeitig die Flagge der Republik Irland gehisst wird.

• Das irische Erziehungsministerium fordert die Schulen auf von zu harten Maßnahmen gegen Schüler abzusehen, die ohne Schuluniform zu ihren staatlichen Examen kommen. Auf jeden Fall sei es unangemessen, sie sogleich von der Teilnahme am Examen auszuschließen. Viele Schüler gehen davon aus, dass die nach dem Ende des Schuljahres stattfindenden Examen nicht zur Schulzeit gehören und weigern sich daher, ihre nicht besonders kleidsame Schuluniform zu tragen. Manche Schulen sehen das genauso, andere beharren jedoch auf dem Tragen der Schulkleidung.

Sonnabend, 3. Juni 2000

• Nach einem heute veröffentlichten Bericht sind in Dublin die Hälfte aller Verkehrstoten Fußgänger, die meisten von ihnen Kinder unter 10 oder Erwachsene über 55 Jahre. Ihre Zahl betrug im vergangenen Jahr 27, 15 von ihnen waren nicht weiter als 100 Meter von einer Fußgängerampel entfernt. Wären sie dort mit den anderen bei Rot über die Ampelkreuzung gegangen, so wären sie wohl noch am Leben.

• Ein Drittel der anerkannten Asylbewerber in Irland hat inzwischen einen Job. Die Arbeitgeberorganisation fordern die Regierung auf rechtliche Bedingungen zu schaffen, die es weiteren Asylsuchenden ermöglichen einer Arbeit nachzugehen.

Freitag, 2. Juni 2000

• Der nordirische, der Ulster Unionist Party angehörige Minister für Kunst und Kultur Michael McGimpsey, wirft den beiden Sinn Féin Ministern vor, das Belfaster Abkommen zu brechen und über ihren Ministerien nicht den britischen Union Jack flattern zu lassen.

Donnerstag, 1. Juni 2000

• Die Deutsche Bank ist dabei, in Dublin und Cork eine neue Online Investment Bank anzusiedeln. Das Projekt mit einem europaweiten Dienst für Kapitalanleger könnte mehrere hundert Arbeitsplätze schaffen.

• Ein Bombenanschlag bei Hammersmith Bridge in Großbritannien. Die irische Polizei vermutet, dass die sogenannte Real IRA, eine radikale Gruppe, die sich von der IRA abgespalten hat und den Friedensprozess in Nordirland torpediert, für den Anschlag verantwortlich ist.