Nachrichten aus Irland

Oktober 2002

Zusammengestellt nach Berichten von RTÉ, der Irish Times,
des Irish Independent und anderen Quellen

Aktueller Monat & Archiv

Donnerstag, 31. Oktober 2002

Eine fröhliche Halloween-Nacht wünscht Boo!, der uns vor einiger Zeit in Galway über den Weg lief, an stürmischen Oktobertagen im wilden irischen Westen unsere Cottagetür auf- und zuspukte und voohr allemm immer wieder die Whischkieeflachsche übermm Kammiensimschks leheer spuuuukte.
Übrigens, ab heute können auch irischen Autofahrer Punkte sammeln, wenngleich im ersten Schritt nur, wenn sie hinreichend schnell fahren. Eine Überweisung von € 80 zugunsten der Staatskasse und zwei Punkte werden ab sofort bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung fällig, und schafft man es innerhalb von drei Jahren 12 Punkte zu sammeln, ist man für sechs Monate den Stress mit dem Autofahren los.

In einer in der Sinn Féin Zeitung An Phoblacht (Die Republik) veröffentlichten Erklärung bekennt sich die IRA voll zum seit Juli 1997 erklärten Waffenstillstand und nordirischen Friedensprozess. Loyalistische Mördergangs seien für die Gewalt in Belfast verantwortlich, nicht Aktivitäten der IRA. Wegen der Suspendierung der nordirischen Exekutive habe die IRA ihrerseits die Kontakte zur internationalen Entwaffnungskommission suspendiert.

Mittwoch, 30. Oktober 2002

Sinn Féins Chefstratege Martin McGuinness erklärt seinen Krieg gegen Britannien für beendet. In einer Sendung des BBC sagt der Erziehungsminister der suspendierten nordirischen Regierung, der nach eigenen Angaben im Alter von 19 Jahren in die IRA eintrat, er sei nicht länger Mitglied der Organisation und setze einzig und allein auf Politik: “Mein Krieg ist vorbei. Mein Job als politischer Führer ist es, Krieg zu verhindern. Mein Job ist es daran weiterzuarbeiten, dass ein politisches Umfeld gesichert wird, in dem nie wieder ein britischer Soldat oder Mitglied der IRA in Folge des politischen Konflikts sein Leben verliert.”

Große Enttäuschung in Belfast. Auf der Liste der sechs britischen Kandidaten für die Kulturhauptstadt Europas des Jahres 2008 ist die nordirische Hauptstadt nicht vertreten. £St. 1 Mill. hatte die Stadt in ihre Werbekampagne investiert.

Die Lebenserwartung in Irland könnte leicht um fünf Jahre gesteigert werden, meint die Weltgesundheitsorganisation WHO, wenn die die Tabaksteuer spürbar erhöht, strengere Umweltkontrollen durchgeführt und der Salzgehalt in verarbeiteten Lebensmitteln (... die Kerrygold-Briketts nicht mehr gesalzen? – das täte allerdings weh) verringert würden.

Dienstag, 29. Oktober 2002

Der Präsident der irischen Labour Party Prionsias de Rossa weist Spekulationen aus der Presse zurück, es gäbe Missmut innerhalb seiner Partei darüber, dass die führenden drei Posten (Präsident, Vorsitz, stellvertretender Vorsitz) seit vergangenem Sonnabend durch Mitglieder der ehemaligen Democratic Left besetzt sind, die sich 1998 als kleinere Partei der Labour Party angeschlossen hatte. Sein eigener Posten, der des ‘Parteipräsidenten’, war seinerzeit als Symbol der Einheit zwischen Labour und Democratic Left geschaffen worden. Auch wenn dies bisher keiner in seiner Partei gewünscht habe, sei er bereit vom Posten des Parteipräsidenten zurückzutreten, um ihn z.B. Ruairí Quinn, dem bisherigen Parteivorsitzenden zu überlassen.

Irische Lehrer verdienen nach einer Studie der OECD im weltweiten Vergleich recht gut. So liegt nach 15 Berufsjahren das Jahresgehalt der Primarstufenlehrer bei rund € 36.414, das der Sekundarstufenlehrer bei € 36.806. Da liegt das der deutschen Lehrer wohl noch um einiges höher.

Montag, 28. Oktober 2002

Der 23ste Dublin Marathon ist entschieden, doch das Problem für die Teilnehmer war es weniger, die 26,2 Meilen zu überstehen, sondern nach Dublin zu gelangen. Denn wetterbedingt verkehrte gestern kaum eine Fähre und viele Flüge fielen aus. Wie dem auch sei, mehr als 8.000 Teilnehmer gingen an den Start und mit 2 Stunden, 14 Minuten und 23 Sekunden gewann der 23-jährigen Frederick Cherono aus Kenia. Bei den Damen siegte die Russin Lydia Vassilevskaia aus Moskau, die 2 Stunden, 23 Minuten und 56 Sekunden benötigte. Das Ereignis brachte, wie ein kluger Mensch berechnete, der irischen Wirtschaft € 12 Mill. in die Kassen, zudem sammelten die Teilnehmer € 15 Mill. für wohltätige Zwecke.

Nach den Worten des SDLP-Vorsitzenden Mark Durkan wünschen sich nicht nur Loyalisten, sondern auch Nationalisten beiderseits der irisch-irischen Grenze ein Ende der IRA. IRA-Aktivitäten seien kontraproduktiv und spielten in die Hände von unionistischen Gegnern des Karfreitagabkommens. Auch Sinn Féin Präsident Gerry Adams äußerte gegenüber Abgeordneten seiner Partei, er könne sich eine Zukunft ohne IRA vorstellen, und gab zu, dass vermeintliche IRA-Aktivitäten die Gegner des Friedensprozesses stärken. Der britische Premierminister Tony Blair müsse sich jedoch bewusst sein, dass sich die IRA nie in Folge eines Ultimatums der britischen Regierung auflösen würde.

Sonntag, 27. Oktober 2002

Nach den Stürmen der vergangenen Nacht beginnt das große Aufräumen. 40.000 Haushalte in und um Dublin sind am Morgen ohne Strom, viele Verkehrsverbindungen wie die DART zwischen Malahide und dem Abzweig bei Howth sowie Dublin und Dun Laoghaire sind unterbrochen. Das gleiche gilt für die Fährverbindungen, die erste Fähre von Dublin nach Holyhead soll am späten Abend verkehren.

Zum ersten Mal überhaupt erscheint eine Ausgabe von Tomás Ó Criomhthains An tOileánach (engl. The Islandman, dt. Die Schiffe fahren nicht mehr aus), wie sie die Hand des Autors verlassen hat. In dem im Verlag Cló-Talbóid erschienenen und von Prof. Seán Ó Coileáin vom University College Cork herausgegeben Werk wurden sämtliche in den Ausgaben von 1929 und 1973 von den Herausgebern durchgeführte Änderungen rückgängig gemacht. Ob es je eine englische oder deutsche Übersetzung dieser definitiven Ausgabe geben wird, erscheint jedoch unwahrscheinlich.

Sonnabend, 26. 10 2002

Sinn Féin – Worker’s Party – New Agenda – Democratic Left – Labour. Dies kennzeichnet den politischen Weg von Pat Rabbitte, dem neuen Vorsitzenden der von James Connolly, James Larkin und William O’Brien gegründeten Irish Labour Party. Erst im Dezember 1998 hatte sich die kleine Democratic Left der irischen Labour Party angeschlossen und nun stellt sie den Parteivorsitzenden. Nachdem der bisherige Labour-Vorsitzende Ruairí Quinn nach dem enttäuschenden Ausgang der letzten Parlamentswahlen das Handtuch geworfen hat, schlägt Pat in einer Urwahl mit 45,7 % der Erstpräferenzen und fast Zweidrittel der Stimmen in zweiter Zählung deutlich den bisherigen stellvertretenden Labour-Vorsitzenden Brendan Howlin (28.9 % der Erstpräferenzen). Auch das Amt der stellvertretenden Parteivorsitzenden geht, wenngleich sehr knapp, mit Ms. Liz McManus an ein Mitglied der früheren Democratic Left. Und dann gibt es da noch das Amt des Präsidenten der Labour Party: Proinsias de Rossa heißt er ... und war bis 1998 Vorsitzender der Democratic Left.

Tod eines Zauberers. Mit Richard Harris starb gestern Abend im Alter von 72 Jahren in einem Londoner Krankenhaus einer der bekanntesten irischen Schauspieler. Ein großer alter Mann, den auch die Kids von heute kennen, und zwar in seiner Rolle als Professor Albus Dumbledore in dem Film Harry Potter and the Philosopher’s Stone. Und ein weiteres Mal werden sie den in Limerick geborenen Schauspieler sehen, wenn er mit Harry Potter and the Chamber of Secrets in Kürze in die Kinos kommt. Die Dreharbeiten zu dem Film waren gerade abgeschlossen, als er erkrankte. Ich jedoch werde Richard Harris heute Abend von einer DVD in der Rolle des Bull McCabe sehen, in The Field, nach einem Stück des kürzlich gestorbenen John B. Keane, gedreht 1990 in Leenaun im County Galway. Und während ich diese Nachricht schreibe, höre ich aus der Küche von einer CD den Soundtrack zu dem Film.

Freitag, 25. Oktober 2002

Ein stürmisches Wochenende naht. Irish Ferries streicht für morgen die Fahrt der Hochgeschwindigkeitsfähre von Dublin nach Holyhead und nennt weitere Ausfälle wahrscheinlich. Chaos heute Nachmittag in einem Dorf im County Longfort, wo von einem Tornado berichtet wird, der einen Wohnwagen durch die Luft wirbelte.

Glück und Wohlstand, gibt es da einen Zusammenhang? Lassen wir dies offen, doch bezogen auf die Länder, in denen sich die Mehrheit der Befragten in einer kürzlich veröffentlichten Studie als ‘glücklich’ bezeichnet (Monaco, Luxemburg, Schweiz und ... Irland), hatten die befragten Iren das geringste Einkommen. Und noch etwas: die Ostdeutschen waren nach dem Ergebnis der Untersuchung so glücklich wie die Bewohner Bangladeshs, die Westdeutschen ein bisschen glücklicher.

Donnerstag, 24. Oktober 2002

Dem strömenden Regen trotzend marschieren gut 50 Menschen durch Galway, um für die Gleichberechtigung der Traveller zu demonstrieren. Unter den Demonstranten Repräsentanten der Irish Traveller Movement (ITM), Community Worker’s Co-operative und Galway Travellers’ Support Group (GTSG), die die Veranstaltung als einen Höhepunkt ihrer Kampagne gegen die derzeitigen Anstrengungen des Verbandes irischer Pubbesitzer, Traveller aus Pubs zu verbannen, geplant hatte. Grußbotschaften von den Gewerkschaften, der Frauenbewegung und irischen Menschenrechtskommission.

Das ging rasch. Der bisherige britische Nordirlandsekretär John Reid verwaltet künftig die britische Labour Party und Paul Murphy, bisher für Wales zuständig, folgt ihm im Amt. Taoiseach Bertie rühmt die Verdienste des scheidenden John Reid, doch Sinn Féin Präsident Gerry Adams zeigt sich nicht sehr beeindruckt und hält einen britischen Nordirlandsekretär für überflüssig.

Mittwoch, 23. Oktober 2002

Heute vor 6005 Jahren wurde die Welt erschaffen – und dass wir dies wissen, verdanken wir einem Iren. James Ussher, Erzbischof von Armagh und anglikanischer Primas von Irland, forschte und rechnete und legte im Jahr 1650 die Erschaffung der Welt auf den 23. Oktober 4004 v.Chr. fest. Nachzulesen und nachzurechnen ist dies in seinen Annalen, die die ehrwürdige Bibliothek des Trinity College zu Dublin in Verwahrsam hat. Auch den Zeitpunkt des Sündefalls und den der Sintflut berechnete er taggenau. 50 Jahre später wurden seine Berechnungen in offizielle Bibelausgaben übernommen. Wer mehr darüber wissen möchte, schalte heute um 13.05 sein Radio ein, und zwar das 3. Programm des Westdeutschen Rundfunks.

Die nordirische Polizei untersucht in einem Depot loyalistischer Paramilitärs im Norden Belfasts entdeckte Waffen daraufhin, ob sie bei den letzten sektiererischen Mordanschlägen benutzt wurden. Man geht davon aus, dass es sich um ein Lager der Ulster Defence Association handelt, die unter anderem für den Mord an dem katholischen Postboten Daniel McGolgan (s. 12. Januar 2002) und einen protestantischen Teenager verantwortlich gemacht wird.

Dienstag, 22. Oktober 2002

Taoiseach Bertie Ahern teilt dem Dáil mit, dass bei der polizeilichen Durchsuchung der Sinn Féin Büros am 4. September im nordirischen Parlamentsgebäude Mitschriften von Telefongesprächen zwischen ihm und dem britischen Premierminister Tony Blair sichergestellt wurden.

Lisa Landau aus Ashord im County Wicklow erholt sich in einem Dubliner Krankenhaus von einer Lungenentzündung, nachdem sie 34 Stunden lang in ihrem Auto kopfüber untergetaucht im Moor lag. Eine Luftblase hat ihr das Leben gerettet.

Montag, 21. Oktober 2002

Das Western Health Board teilt mit, dass es auf Anweisung des Galway County Council die Wassertests um ein Drittel verringert hat. Die Umweltschutzagentur EPA zeigt sich alarmiert, immerhin wurde in der Vergangenheit bei 62 % der Proben eine Kontaminierung mit Kolibakterien festgestellt. Wie es scheint, hat die Countyverwaltung Finanzprobleme: sie schuldet dem Health Board noch € 380.000 für bereits durchgeführt Tests.

Wie in jedem Herbst kommt es in vielen Landesteilen zu Überflutungen. Nach schweren Regenfällen sind vor allem die Countys Galway und Mayo sowie der Südosten betroffen.

Die Tendenz hat sich bestätigt. Beim gestrigen Volksentscheid über den Vertrag von Nizza stimmten 62,89 % der Wähler mit Ja. Die Wahlbeteiligung lag bei 48,45 %. Taoiseach Bertie ist hochzufrieden und nennt das Ergebnis hervorragend. Auch für den Präsidenten der Europäischen Kommission Romano Prodi ist es besser als erwartet.

Sonntag, 20. Oktober 2002

Die Real IRA kündigt in einer dem Sunday Independent vorliegenden Erklärung aus dem Gefängnis von Portlaoise ihre Auflösung an. In der Erklärung gibt die paramilitärische Organisation zu, ‘mit Hilfe einer anderen Gruppe’ den Bombenanschlag von Omagh durchgeführt zu haben, bei dem vor vier Jahren 29 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt wurden. Die Real IRA hatte sich 1998 von der Provisional IRA abgespalten, als diese einen Waffenstillstand verkündete.

Nicht allen reicht die Entschuldigung des Dubliner Kardinals Desmond Connell zum Verhalten der katholischen Kirche im Zusammenhang mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern durch Priester (s. Meldung von gestern). ‘Zu spät’, halte ihm gestern während der Abendmesse entgegen. Nach der Ausstrahlung eines Berichts durch das irische Fernsehen, nach dem gegen die Dubliner Erzdiözese 450 Klagen anhängig sind und mindestens sechs Bischöfe von Kindesmissbrauchsfällen durch Priester gewusst und geschwiegen haben, werden Forderungen nach einem Rücktritt laut.

Nach den ersten Auszählungensergebnissen wird der Vertrag von Nizza im zweiten Anlauf von einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung befürwortet. In den sieben Wahlkreisen, in denen gestern elektronisch abgestimmt wurde, akzeptierten ihn Zweidrittel der Wähler; in den bis heute Mittag manuell ausgezählten Wahlkreisen lag die Zustimmung zwischen 54 und 61 %.

Sonnabend, 19. Oktober 2002

Seit neun Uhr stimmen die Iren nach dem negativen Ausgang des Referendums vom Juni 2001 zum zweiten Mal über den Vertrag von Nizza und die EU-Erweiterung ab. Die Wahllokale sind zwölf Stunden lang bis 21 Uhr geöffnet. Die Bewohner einiger Inseln vor der Westküste des Landes haben wie üblich schon vor einigen Tagen abgestimmt, doch ausgezählt wird erst ab morgen.

Der Dubliner Kardinal Desmond Connell drückt sein Bedauern darüber aus, Father Noel Reynolds im Jahr 1997 zum Kaplan des National Rehabilitation Hospital in Dun Laoghaire ernannt zu haben, ohne die Hospitaleitung über vorliegende Bedenken wegen ‘unangemessenen Verhaltens des Priesters gegenüber Kindern’ informiert zu haben. Der Priester hatte Kinder sexuell missbraucht.

Freitag, 18. Oktober 2002

Nach den Worten von Sinn Féin Präsident Gerry Adams wird sich seine Partei trotz des Zorns vieler Republikaner über die andauernde Forderung aus unionistischen Kreisen nach einer Auflösung der IRA nicht vom Friedensprozess fortbewegen. Er verstehe nicht, weshalb der Fokus auf der Gewalt durch Republikaner liege, derweil die Loyalisten nicht weniger aktiv seien. Seine Partei gehöre zu den Architekten des Friedensprozesses und es sei wichtig, auf diesem Weg weiterzumachen. Zuvor hatte der Vizepräsident der Partei Pat Doherty im britischen Rundfunk betont, dass die IRA nicht die Privatarmee der Sinn Féin sei und es keinen Grund für den britischen Premierminister Tony Blair gäbe, die Partei wegen der IRA auf eine schwarze Liste zu setzen.

Glaubt man der letzten Meinungsumfrage, so hat nicht der derzeitige stellvertretende Vorsitzende der Irish Labour Party Brendan Howlin, sondern Pat Rabbitte von der früheren Democratic Left die besten Chancen, neuer Parteichef zu werden. Noch bis zum 25. Oktober können die Parteimitglieder per Briefwahl ihre Stimme abgeben. (siehe auch 18. September 2002)

Donnerstag, 17. Oktober 2002

Death has occurred to Derek Bell, wird man morgen früh im irischen Rundfunk hören. Einer der bekanntesten irischen Musiker stirbt plötzlich und unerwartet in den Vereinigten Staaten. Ehe er sich in den frühen 70-ern den Chieftains anschloss, trat er mit dem Royal Philharmonic Orchestra, dem BBC Northern Ireland Orchestra und anderen Symphonieorchestern in Moskau, London, Budapest und Pittsburgh auf. Nach den Worten des irischen Ministers für Kunst, Sport und Tourismus O’Donoghue war Derek Bell einer der besten Harfenisten, die das Land je hervorgebracht hat. Wörtlich: “Derek Bell war ein wesentlicher Teil der Chieftains, der in seiner langen und erfolgreichen Karriere traditionelle irische Musik auf neue Niveaus gebracht hat. Es war sein besonderer Verdienst, die Musik Turlough O’Carolans populär gemacht und in einer Art interpretiert zu haben, die sie vielen Menschen wieder lebendig machte.” Derek Bell lebte mit seiner Familie im County Down in Nordirland. Am 31. Oktober wäre er 67 Jahre alt geworden.
Das für den 31. Oktober geplante Konzert der Chieftains im Dubliner Olympia Theatre wurde soeben abgesagt. Möge er dort, wo er nun ist, sich mit Turlough O’Carolan am Lebenswasser laben und die Harfenklänge durch die himmlischen Gefilde klingen lassen.

Mittwoch, 16. Oktober 2002

Ein früherer Fallschirmjäger der britischen Armee, vor Gericht mit geschützter Identität als Soldat 027 auftretend, sagt vor dem Bloody Sunday Tribunal aus, dass zwei seiner Kollegen am 30. Januar 1972 ohne Grund auf die marschierenden Bürgerrechtler in Derry geschossen hätten und für acht bis zehn der 13 Toten verantwortlich seien. Seinen Bericht aus jenem Jahr, er habe bewaffnete Banditen und Werfer von Benzinbomben gesehen, habe er erfunden, um seine Kameraden in ein besseres Licht zu stellen.

Ein Wirt aus Kilkenny sorgt für diplomatische Verstimmung zwischen Mexiko und Irland. Die mexikanische Botschaft in Dublin nimmt Anstoß daran, dass er sein neues Restaurant in der Parliament Street The Drunken Mexican nennt.

Dienstag, 15. Oktober 2002

Politische Parteien, Wissenschaftler und andere haben, wie die Irish Times heute berichtet, mehr als 100 Kopien des irischen Wählerverzeichnisses der letzten Parlamentswahlen erworben. Da in diesem Verzeichnis alle, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben, durchgestrichen sind, kennen die Parteien nun alle Nichtwähler.

“Die EU ist ein Friedensprojekt, keine Kriegsmaschine”, stellt der Staatsminister im Finanzministerium Tom Parlon im Rahmen einer Kampagne für die Zustimmung zur EU-Erweiterung fest. Dies sei einer der Gründe, warum die Länder Osteuropas, die lange unter Kommunismus und Totalitarismus gelitten hätten, sich der EU anschließen wollten. Die Zustimmung zum Vertrag von Nizza bedeute weder den Beitritt Irlands zu irgendeiner europäischen Armee noch zur Nato. Irland behalte die vollständige Souveränität über seine Streitkräfte.

Montag, 14. Oktober 2002

Der britische Nordirlandsekrektär John Reid kündigt für Mitternacht die Suspendierung der nordirischen Exekutive an. Der Vertrauensverlust auf beiden Seiten der nordirischen Gesellschaft sei für die gegenwärtigen Probleme verantwortlich. Die Zeit sei gekommen, dass sich die Menschen der Wahl zwischen Gewalt und Demokratie stellten. Die Regierung hoffe auf ein schnelles Entkommen aus der Sackgasse; an dem Zeitpunkt der Wahl zum nordirischen Parlament im kommenden Mai werde nicht gerüttelt. Diese vierte Suspendierung der nordirischen Regierung seit dem Karfreitagsabkommen von 1998 wird von vielen Beobachtern als die bisher schlimmste Krise im nordirischen Friedensprozess angesehen.

Das Oberhaupt der Church of Ireland, Erzbischof Robin Eames, drängt die Provisional IRA und loyalistischen Paramilitärs ihre Terrorkampagne unwiderruflich für beendet zu erklären. Die anglikanische Church of Ireland hat 370.000 Mitglieder, 90.000 in der Republik und 280.000 in Nordirland.

Sonntag, 13. Oktober 2002

Bei einer Versteigerung bei Christie’s in Manhattan erzielt eine Ausgabe von James Joyces Ulysses den Weltrekordpreis von 460.500 Dollar. Es handelt sich um einen Band aus der auf 100 Exemplare limitierten Erstausgabe und ist eines der beiden Exemplaren, die von Autor signiert wurden. Das Papier ist handgeschöpft; signiert wurde das Buch vor 80 Jahren am 12. Oktober 1922.

Nach einer aktuellen Meinungsumfrage sieht es eine Woche vor dem erneuten Referendum zum Vertrag von Nizza danach aus, dass die Mehrheit der Iren den Voraussetzungen zur EU-Erweiterung zustimmen wird. 41 % wollen mit Ja stimmen, 27 % mit Nein, 8 % gar nicht und 24 % zeigen sich unentschieden. Gleichzeitig ist die Zustimmung zur Arbeit der Regierung seit Mai von 58 % auf 31 % gefallen.

Die mit rund 25.000 Mitgliedern größten Gewerkschaft des Landes SIPTU kritisiert, dass Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Ländern von einigen irischen Arbeitgeber grob ausgebeutet werden. Auf der einen Seite werde ihnen eine angemessene Bezahlung, Urlaub, Feiertage, Arbeitspausen und akzeptable Arbeitszeiten verweigert, auf der anderen exorbitante Mieten in überfüllten Unterkünften aufgebürdet.

Sonnabend, 12. Oktober 2002

Nach den Worten des irischen Außenminister Brian Cowen sind die irische und britische Regierung entschlossen, das Karfreitagsabkommen auch dann durchzusetzen, wenn die nordirische Regierung in der kommenden Woche suspendiert wird. Spekulationen nehmen zu, dass dies durch eine Intergovernmental Conference zwischen Irland und Großbritannien geschehen könnte. Das passt den nordirischen Unionisten gar nicht, da sie darin eine Zunahme des Einflusses der Republik Irland auf nordirische Geschicke sehen. Vielleicht sollten sie sich fragen, wer die nordirische Exekutive unbedingt suspendiert haben wollte.

Der Vorsitzende der irischen Anti-Nizza-Kampagne Justin Barrett hat zugegeben, auf einer von der rechtsradikalen deutschen NPD organisierten Konferenz eine Rede gehalten zu haben. Er habe aber von der Politik der NPD keine Ahnung gehabt und beschuldigt die Befürworter einer EU-Erweiterung, ihn in die rechtsradikale Ecke zu schieben.

Noch nie wurden so viele BSE-Fälle in Irland aufgedeckt, wie in diesem Jahr. 268 sind es bisher.

Freitag, 11. Oktober 2002

Nach Informationen aus politischen Kreisen Belfasts wird der britische Nordirlandsekretär John Reid am Montag um 10 Uhr die nordirische Exekutive formell suspendieren. Gleichzeitig warnt der (noch) nordirische Regierungschef David Trimble seinen Kollegen Bertie Ahern aus der Republik Irland zu versuchen, eine größere Rolle in nordirischen Angelegenheiten einzunehmen. Die beiden Minister der DUP treten bereits heute zurück, für sie ist das Nordirlandabkommen gescheitert und Geschichte.
Wie geht es weiter? Spekulationen werden laut, der britische Nordlandsekretär Reid könne den bisherigen First Minister David Trimble (UUP) für die Unionisten/Loyalisten und seinen Stellvertreter Mark Durkan (SDLP) für die Nationalisten/Republikaner bitten, einer Art ‘Schattenadministration’ vorzustehen.

Mit Geraldine Kennedy wird eine Frau neue Herausgeberin der Irish Times. Sie löst Conor Brady ab, der diese Position 16 Jahre lang innehatte. Frau Kennedy war zuvor Ressortleiterin für den Bereich Politik, Chefin vom Dienst und politische Korrespondentin der Zeitung. In den 80-er Jahren arbeitete sie bei der Sunday Tribune und der Sunday Press. 1987 wurde sie als Kandidatin der PD in den Dáil gewählt und war Sprecherin ihrer Partei für Außenpolitik und Nordirland.

Donnerstag, 10. Oktober 2002

Es deutet so manches darauf hin, dass die britische Regierung unter Tony Blair in den kommenden Tagen von ihrem Recht Gebrauch machen wird, die nordirische Exekutive zu suspendieren. Die SDLP befürchtet dies mehr oder weniger und die Sinn Féin warnt vor einem politischen Vakuum.

Restaurants, Pubs und Läden in der historischen Stadt Kenmare sollen nach einem Vorschlag der Handelskammer am 18./19. Oktober ihre Gäste bei Kerzenlicht bedienen und damit an die Zeit erinnern, in der es kein elektrisches Licht im Ort gab. Das Ganze passe auch gut zu Hallowe’en, meint der Schatzmeister der Handelskammer Terry O’Doherty. Schade, dass ich an dem Wochenende nicht in Kenmmare bin!

Mittwoch, 9. Oktober 2002

Die sechs Abgeordneten der Grünen, fünf der Sinn Féin und 11 unabhängigen Abgeordneten im Dáil wollen eine gemeinsame Gruppe zu bilden um damit die gleichen Rechte wie eine Fraktion im irischen Parlament zu erhalten (die Mindestfraktionsstärke beträgt 7 Abgeordnete). Damit wäre diese Gruppe die größte parlamentarische Oppositionsgruppe, noch vor der Fine Gael und Labour Party.

Der Vorsitzende der Ulster Unionist Party und nordirische Erste Minister David Trimble warnt, dass die von vielen Unionisten/Loyalisten geforderte Suspension der nordirischen Exekutive nicht gleichbedeutend mit der Lösung der Probleme Nordirlands sei. Die einzige Lösung sei die Auflösung der IRA.

Martin McGuinness von der Sinn Féin, zugleich nordirischer Erziehungsminister, sieht die gegenwärtige politische Krise als Ergebnis einer Kollaboration zwischen Elementen in der nordirischen Polizei und Feinden des Nordirlandabkommens unter den Unionisten. Behauptungen, die Sinn Féin sei in politischer Spionage verwickelt, weist er entschieden zurück; seine Partei lehne dies strikt ab. Es sei nun Aufgabe des britischen Premierministers Tony Blair, das Karfreitagsabkommen und den Friedensprozess in Nordirland zu verteidigen.

Dienstag, 8. Oktober 2002

Die Ereignisse überstürzen sich in Nordirland. Die DUP fordert die Absetzung des britischen Nordirlandsekretärs John Reid, der ihr nicht loyal genug erscheint. Die UUP mit dem nordirischen Regierungschef David Trimble an der Spitze droht die Exekutive zu verlassen, sollte London sie nicht von ihren Sinn Féin Ministern erlösen, während die nordirische Polizei die am letzten Freitag bei Razzien im nordirischen Parlament beschlagnahmten Disketten an die Sinn Féin zurückgibt. Derweil droht die Sinn Féin die nordirische Polizei wegen Diebstahl zu verklagen. Soviel für heute.

Montag, 7. Oktober 2002

Man geht davon aus, dass die beiden Minister der DUP morgen ankündigen werden, die nordirische Regierung zu verlassen. Die DUP sieht in der polizeilichen Durchsuchung der Sinn Féin Büros im nordirischen Parlament einen Beweis dafür, dass die Partei für die derzeitigen Gewalttätigkeiten in Nordirland mitverantwortlich ist.

Der Chef der nordirischen Polizei Hugh Orde entschuldigt sich für die Art und Weise, in der die Sinn Féin Büros im nordirischen Parlament durchsucht wurden. Die Aktion sei zwar rechtlich nicht zu beanstanden, aber zu unsensible durchgeführt worden.

Sonntag, 6. Oktober 2002

Der Dubliner Kardinal Desmond Connell drückt sein Bedauern über seine Versäumnisse bei der Aufklärung des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Priester aus. In einem Hirtenbrief bittet um Vergebung dafür, sich nicht hinreichend um die Skandale gekümmert zu haben. Wenn sich die Kirche nicht mehr um die Opfer gekümmert habe, sei dies eher ein Mangel an Verständnis als Missachtung gewesen.

Sonnabend, 5. Oktober 2002

Die Sinn Féin protestiert vor nordirischen Polizeistationen gegen die gestrige Durchsuchung ihrer Parlamentbüros. Dabei appelliert die nordirische Gesundheitsministerin Bairbre de Brun (Sinn Féin) an die Ulster Unionisten, sich nicht aus der Exekutive zurückzuziehen. Die Polizeiaktion wird von allen Seiten als die bisher größte Krise im nordirischen Friedensprozess angesehen.

Freitag, 4. Oktober 2002

In einer groß angelegten Aktion durchsucht die nordirische Polizei in Zusammenhang mit dem Vorwurf der Spionage und Verquickung in IRA-Aktivitäten die Büros der Sinn Féin im nordirischen Parlament und stellt Unterlagen sicher. Bei einer zeitgleichen Razzia im Norden und Osten Belfasts werden vier Personen vorläufig festgenommen, darunter der Büroleiter der Sinn Féin Denis Donaldson. Der Außenminister der Republik Irland Brian Cowen drückt seine Besorgnis über die Gefährdung des Friedensprozesses in Nordirland aus, warnt jedoch vor vorschnellen Urteilen.

Nach Schätzung der Polizei marschieren 5.000 Arbeiter vom Vorort Smithfield zum Parlament in der Dubliner City um gegen die Höhe der gesetzlich vorgeschriebenen Abfindungszahlungen bei Betriebstilllegungen zu protestieren. Aktueller Anlass für den von den großen Gewerkschaften organisierten Marsch ist ein Rechtsstreit nach Stilllegungen bei der Irish Glas Bottle Company.

Nach Verspätungen und verpasstem Anschlussflug kehrt der Herausgeber dieser Nachrichten in der Nacht aus St. Petersburg zurück. Immerhin: betrieben wird der russische Flughafen von der irischen Betreibergesellschaft Aer Rianta, und so gibt es dort Guinness vom Fass und im Duty Free Shop irische Whiskeys vom Powers bis hin zum Middleton Extra Rare, die auf keinem deutschen Flugplatz zu finden sind. Weiter unten noch rasch ein paar Nachrichten der letzten 10 Tage, bevor der tägliche Nachrichtendienst aus Irland wieder aufgenommen wird.

Donnerstag, 3. Oktober 2002

Nachdem die irische Regierung in den letzten Jahren stets einen Überschuss in der Kasse hatte, wird sie in diesem Geld aufnehmen müssen, um ein Defizit im Staatshaushalt in Höhe von € 750 Mill. auszugleichen.

Mittwoch, 2. Oktober 2002

Aer Lingus Chef Willie Walsh sieht gute Chancen, die Fluggesellschaft bereits in diesem Jahr wieder in die Gewinnzone zu führen. Verkehrsminister Seamus Brennan ist vorsichtiger; seiner Meinung nach ist es noch zu früh, um den Erfolg des Überlebensplan von Aer Lingus zu feiern.

Dienstag, 1. Oktober 2002

Nach einer Umfrage sind 87 % der Iren mit ihre Polizei, der Garda Síochána, zufrieden. Zweidrittel wünschen sich mehr Polizisten auf Streife, längere Öffnungszeiten der Wachen und eine strengere Durchsetzung der Verkehrsgesetze.

Nachrichten aus Irland – Oktober 2002