Nachrichten aus Irland

April 2003

Zusammengestellt nach Berichten von RTÉ, der Irish Times,
des Irish Independent und anderen Quellen

Aktueller Monat & Archiv

Mittwoch, 30. April 2003

Sinn Féin Präsident Gerry Adams sagt in Belfast, die IRA-Führung habe sich darauf festgelegt auf jegliche Aktivitäten zu verzichten, die das Karfreitagabkommen unterminieren könnten. Für die irische Regierung in Dublin ist dies eine weitere signifikante Entwicklung im nordirischen Friedensprozess, doch für den Vorsitzenden der Ulster Unionist Party David Trimble keine wirkliche Antwort auf die Fragen des britischen Premierministers. Auch Tony zeigt sich nicht voll zufrieden.

Überlegungen, den Flughafen von Shannon via Limerick und Ennis ans Eisenbahnnetz anzuschließen, bekommen neuen Auftrieb. Barry Boland, Management Director von Beaux Walk Properties und beauftragt mit der Sanierung von Shannon Town, teilt mit, seine Firma habe erste Vorarbeiten eingeleitet. Es gebe 300.000 Fahrten pro Woche zwischen den drei Städten, und wenn nur 15 % davon auf die Schiene verlagert werden können, sei der Bahnanschluss wirtschaftlich tragbar. Er sei für weniger als € 100 Mio. realisierbar.

Seit letztem Oktober können auch irische Autofahrer Strafpunkte sammeln und 17.361 haben in den ersten sechs Monaten davon Gebrauch gemacht. Gleichzeitig ist die Zahl der Verkehrstoten (bezogen auf den gleichen Zeitraum der Vorjahre) um 32 % gesunken, so dass sich Verkehrsminister Brennan zufrieden über die Wirkung zeigt.

Dienstag, 29. April 2003

Die letzten Wahlen zum irischen Parlament liegen elf Monate zurück, und so gibt es eine erste statistische Bewertung. Politik und Jugend, das scheint nicht zusammenzupassen. Nur die Hälfte aller unter 25-jährigen hatte von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht, während bei den Älteren 90 % zur Wahl gingen. Zwischen Frauen und Männern gab es keine gravierenden Unterschiede. 40 % aller Wähler meinten, dass sich die Politiker den Teufel was um die Meinung normaler Menschen scherten.

Ob die im Mai fälligen Wahlen zum nordirischen Parlament tatsächlich abgehalten werden, hängt nach Meinung der Irish Times davon ab, ob Taoiseach Bertie Ahern und der britische Premierminister Tony Blair in den nächsten 48 Stunden ein Versprechen der IRA vorweisen können ihre Aktivitäten einzustellen. Doch selbst, wenn die IRA ein solches von beiden Regierungen akzeptiertes commitment of intent präsentieren sollte, zweifeln viele daran, dass sich die in Wählerumfragen von der radikalen DUP bedrängte UUP darauf einlassen wird.

Montag, 28. April 2003

Die führende irische Umweltschutzorganisation An Taisce fordert Denkmalschutz für das Haus Nr. 16 in der Moore Street, in dem sich 1916 die Führer des Dubliner Osteraufstandes den britischen Truppen ergaben. Es soll im Rahmen der Stadtentwicklung abgerissen werden. Über das Alter streitet man sich. Nach Ansicht des Architekten Arthur Gibney stammt es nicht, wie der Stadtverwaltung gegenüber dargestellt, aus dem neunzehnten, sondern aus dem frühen 18. Jahrhundert.

Taoiseach Bertie Ahern begrüßt Reportern gegenüber die gestrige Stellungnahme von Sinn Féin Präsident Gerry Adams. Sie sei ein klarer, durchdachter Anstoß, aus der Sackgasse im nordirischen Friedensprozess zu kommen. Der britische Premierminister Tony Blair widerspricht dem nicht, vermisst jedoch eine Antwort auf die Frage, ob die IRA bereit sei sich von paramilitärischen Aktivitäten loszusagen.

Das Belfaster Karfreitagsabkommen von 10. April 1998 enthalte das Potential Nordirland zu zerstören, meint, was nicht sonderlich überrascht, Ian Paisley von der unionistischen DUP. Es müsse daher vernichtet werden.

Die Galwayer Zweigstelle der National University of Ireland richtet ein Tiefsee-Forschungszentrum zur Untersuchung der Biologie und Ökologie des Meeresbodens ein.

Sonntag, 27. April 2003

Die größte Gewerkschaft des Landes SIPTU warnt vor einer neuen Weltordnung. Diese von den Vereinigten Staaten propagierte neue Ordnung sei nichts anderes als die alte Weltordnung des britischen Empire – mit dem einen Unterschied, dass sie von einem schlankeren und gemeineren Management in Washington gesteuert wird. Ihr Hauptziel seien die ökonomischen Interessen einer Firma Amerika, die, soweit erforderlich, schonungslos und rücksichtslos mit militärischen Mitteln durchzusetzen seien.

Am Abend erklärt Sinn Féin Präsident Gerry Adams, die IRA werde zur Sicherung des Friedensprozesses einen dritten Abrüstungsschritt einleiten, sollte die Ulster Unionist Party bereit sein, sich für die Wiederherstellung der nordirischen Exekutive einzusetzen. Für die UUP bleibt die Stellungnahme hinter dem, was sie für notwendig hält, zurück.

Sonnabend, 26. April 2003

Die britische und irische Regierung, so wird vermeldet, werden am Wochenende weiter daran arbeiten die Probleme im nordirischen Friedensprozess zu lösen. Wenn die Wahlen zum nordirischen Parlament planmäßig abgehalten werden sollen, müsste sich dieses bis morgen um Mitternacht auflösen. Derweil deutet Sinn Féins Chefunterhändler Martin McGuinness an, die Republikaner könnten mit ihrer Stellungnahme, die sie vor zwei Wochen vertraulich den Regierungen in London und Dublin übermittelt hatten, an die Öffentlichkeit gehen.

Freitag, 25. April 2003

Eine sechsköpfige katholische Belfaster Familie flieht, eskortiert durch die nordirische Polizei, nach Morddrohungen durch die Ulster Freedom Fighters aus ihrer Wohnung in einem protestantischen Stadtteil Belfasts. Es ist bereits die dritte Familie in dieser Woche, die aus dieser Region vertrieben wurde. Die SDLP und der Belfaster Oberbürgermeister Alex Maskey (Sinn Féin) zeigen sich entsetzt.

Donnerstag, 24. April 2003

Die Sängerin Sinead O’Connor kündet für den Sommer ihren Rückzug aus dem Musikgeschäft an: “Ich bin ein sehr schüchterner Mensch, glaubt es oder auch nicht. So bitte ich euch in Liebe mich in Frieden zu lassen, auch die, die meine Aufnahmen mögen. Und ich hoffe, dass dies nicht unhöflich klingt. Ich meine es nicht unhöflich. Ich bin glücklich, dass ich euch mit meinen Liedern geholfen habe. So helft auch mir, indem ihr mir gebt, was für mich das Beste ist: ein Privatleben.”

Auf ihrer Jahrestagung fordert die Irish Medical Organisation (IMO), die Fahrzeuge der irischen Häuptlinge und Minister mit Tachometer auszustatten, um der Raserei der Regierenden Einhalt zu gebieten. Man empfinde es als erschütternd, dass gerade die irischen Minister sich einen Deut um Geschwindigkeitsbegrenzungen scherten.

Die OECD korrigiert ihre Erwartung für das irische Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr nach unten auf 3,25 %, für 2004 werden 4,5 % vorausgesagt. Immerhin, auch mit diesen Zahlen lässt Irland die übrige EU weit hinter sich. So liegt die Prognose für Deutschland bei gerade mal 1 %. Allerdings wird auch für die irische Inflationsrate ein Spitzenwert vorhergesagt.

Mittwoch, 23. April 2003

Der britische Nordirlandsekretär Paul Murphy verhehlt nicht, dass die IRA sich in die richtige Richtung bewegt, doch reichen ihm die bisherigen Zugeständnisse nicht. Wörtlich: “Ich sage nicht, die IRA habe sich in den letzten Monaten nicht bewegt. Sie hat es, aber nicht genug. Wir glauben, dass die politischen Parteien, eingeschlossen die Sinn Féin, den Friedensprozess ans Laufen bringen wollen, doch wir alle müssen noch ein Extrastück gehen.” Dem britischen Premierminister Tony Blair zufolge gibt es drei Punkte, in denen mehr Klarheit erforderlich ist: (a) Wird die IRA alle Aktivitäten einstellen, die im Widerspruch zum Karfreitagsabkommen stehen, (b) wird sie sich aller Waffen entledigen und wird sie (c) die volle Verwirklichung des Karfreitagsabkommens als endgültige Beendigung des Nordirlandkonflikts akzeptieren.

In einer Werbekampagne lässt Ryanair den früheren irakischen Informationsminister Mohammad Said al-Sahhaf auftreten. Als Sprecher von Konkurrent EasyJet verkündet er in Ryanair-Anzeigen: ‘Wir werden den Krieg gewinnen! Wir schlagen die Amerikaner! EasyJet hat die niedrigsten Flugpreise!’ Von einer Honorarzahlung an den Ex-Minister ist bislang nichts bekannt.

Dienstag, 22. April 2003

Das Anwesen von Westport House im County Mayo wird künftig nur noch für die drei Sommermonate der Öffentlichkeit zugänglich sein. Lord Jeremy Altamont, ein Nachfahre Grace O’Malleys, sieht sich nicht mehr in der Lage, die enormen Versicherungsprämien für die ganzjährige Öffnung zu zahlen. Er sei traurig zu dieser Maßnahme greifen zu müssen, habe jedoch keine andere Möglichkeit.

In 80 Tagen um die Welt – Jules Vernes Helden haben es vorgemacht und zwei irische Piloten wollen Luftfahrtgeschichte schreiben und es ihnen in einer einmotorigen Cherokee nachtun. Am 1. Mai geht es von Shannon Airport aus los, in 19 Ländern will man zwischenlanden und am 19. Juli zurück sein. € 35.000 haben der 29-jährige Dubliner Alan McMahon und der 33-jährige Paul Rayn aus Limerick in das Unternehmen investiert und wollen auf der Reise Geld für eine Krebsstiftung sammeln.

Nach einem Zeitungsbericht des Guardian ist der britische Premierminister Tony Blair bereit, die Truppenstärke des umstrittenen Royal Irish Regiment drastisch zu senken, um damit die IRA zur Abrüstung zu bewegen. Ein Armeesprecher ist nicht bereit die Meldung zu kommentieren und verweist auf den Zusammenhang zwischen Truppenreduzierungen und der Sicherheitslage in Nordirland.

Ostermontag, 21. April 2003

Verkehrsminister Séamus Brennan enthüllt in der Nähe ihres früheren Wohnorts bei Rathcormac im County Sligo ein Denkmal Countess Constance Markievicz (1868–1927). Als führende Teilnehmerin am Aufstand vom Ostermontag 1916 wurde sie zum Tod verurteilt, das Urteil jedoch, da sie eine Frau war, nicht vollstreckt – wogegen sie energisch aber erfolglos protestierte. 1919 wurde sie Arbeitsministerin in der irischen Untergrundregierung. Als leidenschaftliche Republikanerin opponierte sie gegen den Vertrag zur Gründung des irischen Freistaats, schloss sich später der Fianna Fáil an und wurde in den Dáil gewählt. Ihren Titel erhielt sie durch die Heirat mit einem polnischen Grafen.

Ostersonntag, 20. April 2003

Die Sinn Féin ist nicht bereit die Verantwortung für die Sackgasse, in der sich der nordirische Friedensprozess befindet, zu übernehmen, verkündet ihr Fraktionsführer im Dáil Caoimhghín Ó Caoláin. Die IRA habe mutige Entscheidungen für den Frieden getroffen, die nur allzu oft als selbstverständlich hingenommen wurden. Dem schließt sich der Chefunterhändler der Partei Martin McGuinness an. Ein Ausschnitt aus seiner Rede anlässlich einer Gedächtnisveranstaltung zum Osteraufstand von 1916: “Die Erklärung der IRA ist klar und unzweideutig. Selbst die britische Regierung hat anerkannt, dass sie das Verlagen der IRA den Friedensprozess voranzubringen wiederspiegelt. Dies ist eine beispiellose Entwicklung, auf die aufgebaut werden sollte. [...] Die britische Regierung sollte die Suspension der politischen Institutionen aufheben und die Vorbereitungen zur Parlamentswahl einleiten.” Reguläre Wahlen zum nordirischen Parlament wären im kommenden Monat fällig.

Sonnabend, 19. April 2003

Nach nächtlichen Unruhen im Norden Belfasts, bei denen mehrere hundert Jugendliche katholischer und protestantischer Gangs aneinander gerieten, rufen die Politiker zu Besonnenheit auf. Im vergangenen Jahr wurden bei Straßenschlachten in dieser Region mehr als 1.100 Menschen verletzt.

Die irische Planungsaufsicht An Bord Pleanala weist Einsprüche von Mitgliedern des Royal College of Physicians gegen einen fünfstöckigen Anbau an die irische Nationalbibliothek in der Kildare Street zurück. Der Anbau soll am hinteren Teil des Ostflügels des ursprünglichen Gebäudes erfolgen und am Leinster House angrenzen. Einige bauliche Erweiterungen aus den 20-er und 60-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sollen dazu abgerissen werden.

Karfreitag, 18. April 2003

Demonstranten durchbrechen den Sicherheitszaun um Shannon Airport, sprengen Weihwasser auf das Rollfeld, errichten einen Schrein für die Opfer des Irakkrieges und beten. Andere setzen Kartoffeln auf dem Gelände, ehe sie von den Sicherheitskräften festgenommen werden.

Wegen des Krieges im Irak wird das diesjährige Waterford Maritime Festival abgesagt. Ein weiterer Schlag gegen die arg gebeutelte Tourismusindustrie im Südosten Irlands, meint das irische Fernsehen.

In mehreren Counties der Republik brechen Waldbrände aus, der größte davon im County Wicklow bei Sally Gap. Nach einer Meldung der Irish Times sind es die schlimmsten seit Jahren.

Donnerstag, 17. April 2003

In ihrer Osterbotschaft fordert die IRA ihre Anhänger zu Geduld auf. Im Moment sei man nicht in der Lage, die Verhandlungen zum nordirischen Friedensprozess endgültig zu kommentieren.

Der North’s Police Ombudsman, trotz dieses Titels eine Frau, offenbart, dass es in Nordirland 40mal so viele Beschwerden über mit dem Gummiknüppel schlagende Polizisten gibt wie in den anderen Teilen des Vereinigten Königreiches. Zwar würden nordirische Polizisten, so gibt Nuala O’Loan zu, sechsmal so oft wie ihre Kollegen attackiert, doch dies könne die extensive Verwendung des Gummiknüppels nicht rechtfertigen.

Mittwoch, 16. April 2003

Mein Haar ist zwar nur mittellang (mein Mädchen meint mitunter zu lang) und der Bart wird von Jahr zu Jahr grauer, doch letzteres passt vielleicht ganz gut. Denn Männer mit langen Haaren und Bärten stehen ganz oben auf der Liste der Gesuchten – für einen der teuersten Filme, der je in Irland gedreht wurde. Ein Film über König Arthur und Merlin, der mit einem Budget von 90 Mio. Dollar in Kildare, Wicklow und Dublin auf Zelluloid gebannt werden soll. Castings gibt es vom 25. bis zum 30. April in Bray, Dublin, Naas und Ballymore Eustace.

Dublin als Gastgeber des Welttreffens der Zeitungsherausgeber. Mehr als 1.000 Verleger, Manager und Herausgeber von Zeitungen werden sich vom 8. bis zum 11. Juni dieses Jahres zum World Newspaper Congress und World Editor’s Forum in Dublin treffen. Ort der Veranstaltung sind die Royal Dublin Society und das Berkely Court Hotel.

So geht es schon seit Monaten. Kaum keimt Hoffnung auf einen baldigen Durchbruch im nordirischen Friedensprozess auf, schwindet sie schon wieder. Den unionistischen Parteien reicht die Erklärung der IRA nicht, und so denken Taoiseach Bertie Ahern und der britische Premierminister Tony Blair daran, die Vorlage ihres Entwurfs zur Lösung der Probleme zu verschieben, möglicherweise bis zum Herbst.

Dienstag, 15. April 2003

Die Jeanie Johnston, der Nachbau eines Famine Ship aus dem vorletzten Jahrhundert, erreicht das gelobte Land, die USA. An tOílean Úr, die frische bzw. neugeborene Insel, wie es im Gälischen heißt. Der € 15 Mio. teure Nachbau des Originals von 1847 hatte Fenit Harbour im County Kerry am 16. Februar dieses Jahres verlassen (s.a. die Meldung vom 1. März 2003).

Der irische Bauernverband droht damit, einige der beliebtesten Wanderwege zu schließen, darunter den Sheep’s Head Walk, den Beara Way, den Miner’s Walk und den River Suck Walk. Grund ist, dass die Regierung nach EU-Recht den Farmern für die Erlaubnis, Touristen über ihren Grundbesitz wandern zu lassen, kein Geld mehr zahlen darf. Nach dem Rural Environment Protection Scheme (REPS) bekamen Farmer für dieses Zugeständnis jährlich bis zu IR£ 1.500.

Taoiseach Bertie Ahern und der britische Premierminister Tony Blair haben den nordirischen Parteien ergänzende Informationen von Seiten der IRA zum nordirischen Friedensprozsess weitergeleitet. Dabei handelt es sich um Klarstellungen, die in der vergangenen Nacht von Seiten der IRA an die beiden Regierungen gingen.

Montag, 14. April 2003

Die britische Regierung plant eine internationale Ausschreibung zur Gestaltung der Region um den Giant’s Causeway im Nordosten Irlands im County Antrim, wo einst die Giganten zum Sprung nach Schottland ansetzten. Dabei geht es auch um den Neubau des Besucherzentrums, das vor drei Jahren abbrannte.

Die Association of Garda Sergeants and Inspectors, der Verband des mittleren und gehobenen Dienstes der Polizei der Republik Irland, fordert eine Sondereinheit zu Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Dies neun Tage, nachdem der Polizist Declan Griffin in Ausübung seines Dienstes erschossen wurde. Seit 1922 ist die Garda Síochána (dt.: Bewacher des Friedens) die unbewaffnete Polizei der Republik Irland. Der Verzicht auf Waffen sollte sie von der verhassten Royal Irish Constabulary der britischen Besatzungsmacht unterscheiden.

Die Regierungen in Dublin und London sehen in der gestrigen Erklärung der IRA, die der Öffentlichkeit im Wortlaut noch nicht vorliegt, ein Bekenntnis der Organisation zum Friedensprozess, wünschen jedoch Klarstellungen in einigen Punkten. Nach den Worten von Nordirlandsekretär Paul Murphy sehen beide Regierungen bei der IRA den klaren Wunsch, den Friedensprozess ans Laufen zu bringen.

Sonntag, 13. April 2003

Am Abend veröffentlicht die IRA die folgende Verlautbarung: “Bezugnehmend auf die Vorschläge anderer Beteiligter hat die IRA eine Stellungnahme zu ihrer Sicht der gegenwärtigen Entwicklung im Friedensprozess verfasst, nicht zuletzt deshalb, weil wir uns zu dem Prozess bekennen und es unser Wunsch ist, ihn erfolgreich abzuschließen. In diesem Kontext haben wir beschlossen, unsere Haltung

–	zur gegenwärtigen Disposition der Óglaigh na hÉireann (Irish Republikanische Armee) und Einstellung ihrer Aktivitäten,
–	zu unseren künftigen Intentionen,
–	zur Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit der internationalen Entwaffnungskommission IICD und weiteren Ausmusterung unserer Waffen sowie
–	zu einem dritten nachweislichen Abrüstungsschritt

darzustellen. Wir haben uns darüber mit anderen ausgetauscht und nach internen Konsultationen auf eine Stellungnahme geeinigt, die den beiden Regierungen übermittelt wird. Wir stehen bereit, sie zu gegebener Zeit zu veröffentlichen.”

Sonnabend, 12. April 2003

Taoiseach Bertie Ahern warnt, die Zeit für einen Durchbruch im nordirischen Friedensprozess – sprich: Wiederherstellung der nordirischen Exekutive – laufe davon und die nächsten 48 Stunden seien entscheidend. Er weigerte sich die Sinn Féin oder IRA verantwortlich für die Sackgasse zu machen, verwies jedoch auf die kollektive Verantwortung aller Beteiligten. Man werde in Kürze gemeinsam mit der britischen Regierung eine Erklärung vorlegen.

Der 75-ste Jahrestag des ersten Ost-West-Fluges über den Atlantik wird heute Morgen im Casement Aerodrome in Baldonnel, Co. Dublin, begangen. Hier startete am 12. April 1928 die Bremen, ein Junkers-Tiefdecker mit James Fitzmaurice aus dem County Louis als Kopiloten, und landete 36 Stunden später auf Greenly Island zwischen Neufundland und Quebec. Neun Jahre nach dem ersten West-Ost-Flug von Alcock und Brown, die 1919 an der irischen Westküste bei Clifden etwas unsanft landeten.

Freitag, 11. April 2003

Wieder einmal will die Europäische Kommission Irland vor den Europäischen Gerichtshof zitieren, diesmal, weil die Regierung es versäumt hat, die EU-Regelungen für Autoversicherungen einzuführen. Insbesondere geht es darum, dass Autofahrer aus der EU, die in einem anderen EU-Land in einen Unfall verwickelt werden, ihre Entschädigung direkt beim Versicherer des Unfallgegners einfordern können und sich nicht mit dem oft unwilligen und schwer greifbaren Unfallverursacher herumschlagen müssen.

Etwa 50 Demonstranten, überwiegenden Mitglieder der Anti-Nazi League, Socialist Party und Sinn Féin, protestierten gestern Abend mit Bannern und Sprechchören vor dem Graduate Memorial Building des Trinity College gegen die Rede von Jörg Haider im oberen Stockwerk des Gebäudes. Beim Betreten des Gebäudes stellte sich dem früheren Vorsitzenden FPÖ ein Demonstrant mit lauten Schimpfworten entgegen, bevor man ihn dann wegzog.

Donnerstag, 10. April 2003

Die Hoffnungen auf einen baldigen Durchbruch im nordirischen Friedensprozess schwinden, nachdem Taoiseach Bertie Ahern und der britische Premierminister Tony Blair ihr für heute geplantes Treffen in Belfast abgesagt haben. In den Gesprächen mit den Pro-Agreement-Parteien sei kein hinreichender Fortschritt gemacht worden, lautet die Begründung. Statt dessen reist Bertie nun nach London, um das weitere Vorgehen abzusprechen. Man beschuldige niemanden, betont er. Es gäbe ungelöste Probleme und man habe die Zeit, sie zu lösen.

Anti-Nazi-Demonstranten erwarten in Dublin den österreichischen Rechtsaußen-Politiker Jörg Haider, der heute Abend auf Einladung der Philosophischen Gesellschaft des Trinity College seine Philosophie erläutern will. Für 19 Uhr hat die Anti Nazi League (ANL) zu einem Protest im Eingangshof aufgerufen. Ihre Sprecherin Melisa Halpin: “Es ist schändlich, dass eine geachtete Institution wie das Trinity College dem Nazi Jörg Haider die Reputation gibt, auf ihrem Campus zu sprechen. Die ANL fordert das Trinity College Dublin auf, das Treffen abzusagen und von jeglicher Unterstützung von Nazi-Politikern Abstand zu nehmen.”

Mittwoch, 9. April 2003

Die Familie eines Krebspatienten im irischen Westen, der seit Monaten auf eine Bestrahlungstherapie in Dublin gewartet hat, bekommt die Nachricht, dass ein Bett frei ist – vier Tage nach dem Tod des Patienten.

Tipps zur Urlaubsplanung und Infos zur Kaufkraft im Euroland veröffentlicht heute die Westfälische Rundschau in Dortmund. Von Einheitspreisen in der Euro-Zone sind wir noch weit entfernt; so bekommt man in Irland für einen deutschen Euro nur den Gegenwert von 86 Cent. In Großbritannien und den skandinavischen Ländern sind es noch weniger. Überhaupt gehört Deutschland mit Spanien, Griechenland und Portugal zu den preiswertesten Länder in der Euro-Zone. In Osteuropa hingegen bekommt man meist mehr für sein Geld.

Dienstag, 8. April 2003

Neue Entdeckungen in prähistorischen Gräbern und an Steinmonumenten in den Counties Meath und Tyrone geben Hinweise darauf, dass sich die Vorfahren der Iren in Astronomie auskannten. Zwei Grabmäler in Meath sind entsprechend er Frühlings- und Herbst-Tagundnachtgleiche ausgerichtet, und die Erbauer der Monumente in Tyrone beschäftigten sich besonders mit dem Mond. Der Bau der Gräber in Meath, zirka 70 km von Dublin entfernt, wird auf 3.600 bis 3.100 Jahre v.Chr. geschätzt.

Am Abend fliegt der amerikanische Präsident von Belfast in die USA zurück. In einer gemeinsamen Stellungnahme hatten die drei Friedensengel George W., Tony & Bertie die nordirischen Parteien gedrängt, die Vorschläge zu akzeptieren, die sie in Kürze vorlegen würden. Sinn Féin Präsident Gerry Adams teilt mit, er habe eine offene Aussprache mit dem amerikanischen Präsidenten gehabt. Er sei zuversichtlich, dass eine Übereinkunft erreichbar sei, doch es gäbe kritische Punkte, mit denen man sich auseinandersetzen müsse.

Montag, 7. April 2003

Ein Vorwurf, der immer wieder in den Medien auftaucht: Martin McGuinness, Chefunterhändler der Sinn Féin und zuletzt nordirischer Erziehungsminister, habe vor dreißig Jahren am Bloody Sunday das Feuer auf britische Soldaten eröffnet. Unsinn, sagt heute ein früherer britischer Geheimdienstoffizier vor dem Untersuchungsausschuss. Die britische Armee habe stets gewusst, dass dies nicht der Fall sei.

Tausende von Kriegsgegnern werden heute Abend vor Hillsborough Castle bei Belfast erwartet, um dem amerikanischen Präsidenten Bush ihre Meinung kundzutun. Gegen 13.30 Uhr wird ein von der irischen Antikriegsbewegung organisierter Buskonvoi Dublin verlassen, alle Plätze sind ausgebucht. Derweil nennt es Sinn Féin Präsident Gerry Adams geschmacklos, dass George W. gerade jetzt nach Belfast kommt um über den Frieden in Nordirland zu reden. Die Veranstaltung sei nicht mehr als eine Bühne für einen Irak-Gipfel zwischen Blair und Bush.

Das irische Sozial- und Familienministerium teilt mit, dass im vergangenen Jahr € 300 Mio. an Sozialhilfeleistungen erschlichen und wieder einkassiert wurden, davon allein € 118,5 Mio. bei der Arbeitslosenunterstützung.

Sonntag, 6. April 2003

Die Diözese von Kerry verbannt ‘sentimentale und kitschige’ Songs aus Brautmessen. Zulässig bleibt das Ave Maria, doch die bei Hochzeitspaaren so beliebten Stücke ‘The Wind Beneath my Wings’, ‘Lady in Red’ oder ‘My Heart Will Go On’ aus dem Film Titanic dürfen in der Kirche nicht mehr gesungen und gespielt werden. “Alle Hymnen und Lieder haben den Reichtum des Sakramentes wiederzuspiegeln, in dem Christus gegenwärtig ist”, erläutert Pádraig McIntyre, Direktor der Diözesanabteilung für geistliche Musik, die Entscheidung.

Die unionistischen Parteien Nordirlands drängen den amerikanischen Präsidenten Bush, der morgen zu einem zweitägigen Besuch nach Belfast kommen wird, der IRA ein Ultimatum für ihre Entwaffnung zu stellen und ansonsten Sanktionen gegen Einrichtungen der Republican Movement in den USA in die Wege zu leiten.

Sonnabend, 5. April 2003

Der Vorsitzende der Ulster Unionist Party David Trimble sieht ‘alle erdenklichen Aussichten’ für die Wiederherstellung der nordirischen Regierung. Solange die IRA jedoch ihre Waffen behalte, bleibe der Prozess in der Krise. In der kommenden Woche wollen Taoiseach Bertie und der britische Premierminister Tony Blair gemeinsam mit dem amerikanischen Präsidenten George Bush den nordirischen Parteien einen Vorschlag unterbreiten.

Freitag, 4. April 2003

Die Bank of Ireland lagert ihre IT-Aktivitäten aus und überträgt sie für zunächst sieben Jahre an Hewlett Packard. Die 400 Mitarbeiter im Rechenzentrum der BoI sollen nach Abschluss der Verhandlungen von HP übernommen werden, Entlassungen seien nicht vorgesehen. Die Irish Bank Officials Association traut dem Versprechen nicht über den Weg.

Was früher die Schwarzbrenner waren, sind heute die ‘Diesel-Wäscher’. In Ballybinaby im County Louth entdeckte der Zoll eine Anlage zur Umwandlung von Agrardiesel in Autotreibstoff mit einer Tageskapazität von 20.000 Litern. 30.000 Liter gewaschenen Diesels wurden sichergestellt, zwei auf dem Gelände angetroffene Männer verhört.

76 Menschen kamen im ersten Quartal 2003 auf Irlands Straßen ums Leben, dies sind 28 % weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, als es 106 Verkehrstote gab. Der National Safety Council führt dies auf das am 31. Oktober letzten Jahres eingeführte Strafpunkte-System zurück, das bei einer bestimmten Punktezahl zum Führerscheinentzug führt.

Donnerstag, 3. April 2003

Eine Delegation das Europäischen Parlaments weilt heute in Irland, um sich mit dem geplanten Autobahnbau über das Areal des mittelalterlichen Carrickmines Castle südlich von Dublin zu befassen (s.a. 21. März 2003). Der Dun Laoghaire-Rathdown Council verteidigt hartnäckig das Vorhaben, gegen das eine Klage vor dem High Court anliegt. Die Kommission will auch mit den Historikern Dr. Seán Duffy vom Dubliner Trinity College und Kenneth Nichols vom University College Cork sprechen, die für den Erhalt des mittelalterlichen Areals kämpfen.

Eine zweite Delegation des Europäischen Parlaments zeigt sich ernsthaft besorgt über die Qualität des Trinkwassers in einigen Teilen des County Kilkenny. So ist der Aluminiumgehalt bis zu 136-mal so hoch, wie nach den EU-Richtlinien zulässig, und der Eisengehalt übersteigt den Grenzwert um das 22-fache. Die Kommission kam auf Einladung von Pat und Bernadette Grogan, die sich seit sechs Jahren mit dem Trinkwasserproblem befassen und eine Petition an das Europäische Parlament gerichtet hatten.

Justizminister Michael McDowell zeigt sich besorgt über den Anstieg der Kriminalität. Nach den vorläufigen Daten für 2002 stieg die Zahl der Fälle gegenüber dem Vorjahr um 22 %, die Zahl der sexuellen Übergriffe sogar um 53 %. Bei den Diebstahlsdelikten war der Handyklau und der Diebstahl aus Autos besonders beliebt.

Mittwoch, 2. April 2003

130 Empfehlungen der Liquor Licensing Commission werden heute veröffentlicht, darunter die, die Ausschankzeit an Donnerstagen wieder auf 23.30 zu begrenzen. Zudem sollen die Wirt das Recht bekommen, 15 bis 16-Jährigen den Zuritt zu verweigern. Neue Lizenzen sollen vorzugsweise an kleine, vom Wirt selbst bewohnte Pubs gehen, um den Trend zu großen Ketten und Trink-Empirien entgegenzuwirken.

Ein Steuerdefizit für das erste Quartal 2003 in Höhe von € 205 Mio. wird gemeldet, während man vor einem Jahr im gleichen Zeitraum einen Überschuss von € 608 Mio. verbuchte. Dabei lagen die Steuereinnahmen sogar um 11,9 % höher als im Vorjahr.

SAP geht in den irischen Westen und gründet eine Niederlassung in Galway. 350 Arbeitsplätze werden geschaffen. Mit mehr als 28.000 Beschäftigte ist die SAP aus dem deutschen Walldorf die größte Softwareschmiede Europas und die drittgrößte der Welt.

Dienstag, 1. April 2003

Am Vormittag streiken Tausende von Grundschülern, um gegen unhaltbare Lernbedingungen zu protestieren. Nach Information der neuen Eltern-Lehrer-Vereinigung TLC sind landesweit 700 Grundschulen betroffen; 140.000 Schüler, Eltern und Lehrer gehen auf die Straße. Der Protest richtet sich gegen feuchte, überfüllte aus Fertigteilen errichtete Schulen, Unterricht in den Korridors und nur mangelhaft in Schulen umgewandelte Gebäude.

Eine gemeinsame Polizeiakademie für die Republik und Nordirland wird diskutiert, als Ort für ihren Sitz Derry. Sollte die zweitgrößte Stadt Nordirlands den Zuschlag bekommen, so ist die Republik bereit sich mit € 40 Mio. an den Kosten zu beteiligen. Man hofft, dass eine solche Einrichtung der unruhigen Region einen ökonomischen Schub gibt und gleichzeitig die nordirische Polizeireform festigt.

Der langjährige Vorsitzende der SDLP John Hume begrüßt die Entscheidung der Sinn Féin vom letzten Wochenende, den Widerstand gegen den Euro aufzugeben, und schlägt eine gemeinsame Lobbyarbeit vor, damit die Währung von Großbritannien übernommen wird und in ganz Irland das gleiche Geld regiert.

Nachrichten aus Irland – April 2003