Nachrichten aus Irland

Juli 2002

Zusammengestellt nach Berichten von RTÉ, der Irish Times,
des Irish Independent und anderen Quellen

Aktueller Monat & Archiv

Mittwoch, 31. Juli 2002

Forfás, der Rat der irischen Wirtschaftsweisen, drängt die Wähler beim erneuten Referendum über den Vertrag von Nizza mit Ja zu stimmen. Die geplante Erweiterung der EU bringe Chancen und Herausforderungen zugleich. Das wirtschaftliches Wachstum des Landes sei seit den 60-er Jahren auf dem Bekenntnis zu den internationalen Märkten begründet und das Land gut vorbereitet, in einem erweiterten Europa sein Wachstum fortsetzen zu können. (Siehe u.a. 7. Juni 2001)

Aer Lingus meldet einen Rekordverlust für das Jahr 2001 in Höhe von € 140 Mill. Die Lage habe sich inzwischen zwar stabilisiert, doch ein weiterer Stellenabbau sei nicht ausgeschlossen.

Das Criminal Assets Bureau beschlagnahmt für den irischen Staat das Haus und sechs Morgen Land eines englischen Drogendealers im County Wicklow. Selbiger hatte es vor zehn Jahre für rund € 150.000 erworben und bar bezahlt. Der heutige Wert wird auf € 500.000 geschätzt.

Dienstag, 30. Juli 2002

Mit gelben Gummienten protestieren die Dubliner Studenten gegen die Erhöhung der Einschreibegebühr von € 396 auf € 670. Für jedes Prozent Erhöhung wird ein Exemplar auf der Liffey ausgesetzt (wie viele dies sind, mag der werte Leser selbst berechnen), um damit zu zeigen, how the students are sold down the river by the government, oder auf deutsch, wie die Studenten bei der Regierung den Bach hinunter gehen. Anschließend ziehen sie zum Erziehungsministerium und rücken dem zuständigen Minister Noel Dempsey auf die Pelle. (siehe auch 18. Juli 2002)
Und was meint die parlamentarische Opposition? Joe Costello von der Labour Party unterstützt die Aktion: die Erhöhung der Gebühren sei ein Angriff auf das Recht auf Bildung überhaupt. Dem schließen sich die irischen Grünen und der Vorsitzende und einzige Abgeordnete der Socialist Party Joe Higgins an. Bei soviel Gemeinsamkeit der nicht Regierenden bekunden auch die Fine Gael und Sinn Féin den Studenten ihre Sympathie.

Loyalistische Randalierer in Belfast haben die Feuerwehr als ihren Feind erkannt. In der vergangenen Nacht zu einem von ihnen gelegten Brand in der Silvio Street gerufen, griffen sie den Feuerwehrwagen mit einem Steinhagel an. Die Windschutzscheibe ging zu Bruch, der Wagen ist nicht mehr einsatzfähig. Bereits in der Nacht zuvor attackierte eine loyalistische Gang die Feuerwehr bei einem Einsatz in der Sandy Row.

Montag, 29. Juli 2002

Die Forderung der Small Firms Associations SFA, zur Förderung des Tourismus kostenlose Flüge und Fährverbindungen nach Irland anzubieten, scheint selbst bei der Opposition nicht auf Zustimmung zu stoßen. Leider! Jimmy Deenihan, Tourismussprecher der Fine Gael, meint, die Regierung solle sich erst einmal Gedanken darüber machen, warum Irland ein immer weniger attraktives Tournistziel wird.

CIÉ, die staatliche irische Transportgesellschaft, verantwortlich für die Bahn- und Überland-Busverbindungen, will ihre Fahrpreise auf der Straße und der Schiene um 20 % erhöhen. Trotz staatlicher Zuschüsse in Höhe von € 245 Mill. kam sie im vergangenen Jahr auf einen Nettoverlust von € 8 Mill. Insgesamt 318 Mill. Reisende brachte CIÉ im Jahr 2001 von einem Ort zum anderen, die höchste Zahl seit 25 Jahren.

Sonntag, 28. Juli 2002

Finanzminister Charlie McCreevy schließt Steuererhöhungen nicht mehr aus, sollte sich die Finanzlage des Staates weiter verschlechtern. Das vor den Wahlen für dieses Jahr erwartete Wirtschaftswachstum von 5 % werde wohl doch nicht erreicht.

‘Trouble in Belfast’s Nightlife Area’, meldet der irische Rundfunk. Eine Gruppe von zirka 60 Personen randaliert gegen zwei Uhr am Morgen am Bradbury Place, setzt zwei Autos und ein Gebäude in Brand. Die anrückende Polizei gerät in einen Steinhagel, ein Polizeibeamter wird verletzt ins Krankenhaus eingeliefert.

Sonnabend, 27. Juli 2002

Der Belfaster Stadtrat ruft zu einer Demonstration in der City gegen Abgrenzung und Gewalt zwischen den Bevölkerungsgruppen auf. Der Antrag wurde von der Sinn Féin eingebracht und nach einer Änderung des Wortlautes auf Antrag der Ulster Unionist Party mit 20 gegen 9 Stimmen verabschiedet. Die DUP stimmt dagegen; nach den Worten eines Sprechers diene er nur dazu, die Verwicklung von Republikanern in Gewalt auf den Straßen zu verschleiern.

In ihrem Vierteljahresbericht sagt das Institut für Ökonomie und Sozialforschung ESRI für das laufenden Jahr ein Haushaltsdefizit in Höhe von € 947 Mill. und mehr Arbeitslosigkeit voraus. Für das kommende Jahr wird eine Verbesserung der Lage erwartet: das Steueraufkommen werde um 7 % steigen und es sei mit einem Wirtschaftswachstum von 4,5 % zu rechnen.

Freitag, 26. Juli 2002

Irische Architekten triumphierten gestern Nacht in Berlin auf dem World Congress of Architecture und kassierten zwei Preise. Den ersten bekam die Gruppe ’91 für die Wiederbelebung des Dubliner Temple Bar Bezirks, den zweiten der Direktor von Trócaire Justin Kilcullen für die Verbesserung der Qualität menschlicher Siedlungen.

Nach einem Bericht der Regierung sind die irischen Farmer das größte Umweltproblem. So haben 73 % des Phosphats und 82 % des Nitrats in irischen Flüssen ihren Ursprung in der Landwirtschaft. Als weitere Bösewichte folgen Fischfarmen, Forstwirtschaft und Straßenbau.

Donnerstag, 25. Juli 2002

Nach einer miserablen Saison, gibt es heute kein freies Gästebett auf Achill Island, denn mehr als sechstausend Menschen sind auf die Insel gekommen um die Botschaft der Jungfrau Maria zu hören. Überliefert wird sie von Ms. Christina Gallagher, der die Jungfrau jüngst erschien und den Auftrag gab, sie am 25. Juli zu verkünden. Die Botschaft werde einen ‘göttlichen Einblick in die Zukunft Irlands und seiner Menschen’ geben, wurde im Vorfeld versprochen, doch in ihrer über Lautsprecher übertragenen Rede macht Ms Gallagher einen Rückzieher und erklärt, die Jungfrau habe ihr in einer der letzten Erscheinungen verboten, den Inhalt zu offenbaren. Wie dem auch sei, Karen Grealish von Achill Tourism ist der Jungfrau dankbar: Für die lokale Wirtschaft sei die Sache ein Segen, auch wenn sie sich bezüglich der Visionen nicht sicher sei.

Im britischen Oberhaus scheitert der Antrag der DUP, die nordirische Exekutive und die Wahl von David Trimble zum Ersten Minister am 6. November 2001 für illegal zu erklären. Im vergangenen Dezember hatte bereits der Belfaster High Court den Antrag zurückgewiesen.

Der britische Premierminister Tony Blair gibt bekannt, er sei bereit die Sinn Féin aus der nordirischen Exekutive zu verbannen, sollte sich die IRA nicht an den Waffenstillstand halten. Gleichzeitig sagt er jedoch in einer Pressemitteilung, nach seinem Eindruck sei die IRA noch nie so weit von der Rückkehr zur Gewalt entfernt gewesen wie jetzt.

Mittwoch, 24. Juli 2002

Der Chefunterhändler der Sinn Féin und nordirische Erziehungsminister Martin McGuinness erklärt sich zu Gesprächen mit führenden Loyalisten und dem Chef der Ulster Freedom Fighter Johnny Adair bereit. Gleichzeitig fordert er alle dissidenten republikanischen Gruppen auf, ihre Gewaltaktionen einzustellen.

Die Gewalt in Nordirland forderte in diesem Jahr bisher sechs Todesopfer. Vor dreißig Jahren, im Jahr 1972, waren es 470.

Der gestern angekündigte Streik auf Ashford Castle wird wieder abgeblasen. Ein Sprecher der Angestellten teilt mit, man habe beschlossen alle offenen Fragen intern zu klären.

Dienstag, 23. Juli 2002

Nach Ansicht von Gerry Adams ist es untragbar, dass die britische Regierung ihren Fokus auf den (seit langem haltenden) Waffenstillstand der IRA legt, derweil Loyalisten zu einer ‘Mordorgie’ ansetzten: “Realität ist”, meint der Sinn Féin Präsident, “dass in Belfast Katholiken umgebracht werden. Es gibt eine geplante, organisierte Kampagne von Loyalisten gegen Katholiken. Die Antwort der Unionisten darauf ist, die Sinn Féin von der Regierung auszuschließen. [...] Dies ist eine Schande, absolut unakzeptabel.”

Nach dem Mord an einen jungen katholischen Vater fallen Schüsse auf einen protestantischen Teenager. Sowohl nordirische Sicherheitskreise als auch republikanische Quellen machen die INLA dafür verantwortlich. Die Provisional IRA habe nichts mit der Sache zu tun, so Gerry Kelly von der Sinn Féin.

Streikaktionen stehen in der kommenden Woche auf Ashford Castle bei Cong im County Mayo an, eines der international bekanntesten irischen Luxushotels. Die Angestellten bedauern dies, sehen aber nach der Weigerung der Hotelleitung, mit Vertretern ihrer Gewerkschaft SIPTU über die Arbeitsbedingungen und das Gehalt zu reden, keinen anderen Weg. Das Management hüllt sich in Schweigen.

Montag, 22. Juli 2002

Der irische Außenminister Cowen und britische Nordirlandsekretär John Reid verurteilen den Mord an einen 19-jährigen katholischen Vater im Norden Belfasts durch die loyalistischen Red Hand Defenders. Die Mutter des Ermordeten ruft die eigene Seite auf, nun nicht zu Racheaktionen zu schreiten. Gerard Lawlor trug ein Celtic Fußball Trikot, als er gegen Mitternacht nach Hause ging, woraus seine Killer nach Vermutung der Polizei schlossen, dass sie einen Katholiken vor sich hatten.

Der größte Rauschgiftfund in der Geschichte des Staates. Sechs Tonnen Cannabis im Wert von € 15 Mill. stellt die Dubliner Polizei in einem aus Amsterdam kommenden Container sicher. Ein vierzigjähriger in Killarney lebender Holländer wird festgenommen.

Aus einem Bericht der Irish Times: An einem schönen, sonnigen Nachmittag wie heute ist der neue Bahnsteig 10 der Heuston Station mit Blick auf die Dublin Mountains und dem bewaldeten Gelände des Royal Kilmainham Hospitals und Phoenix Parks ein sehr viel angenehmerer Ort um auf einen Zug zu warten, als es die anderen sind. Allerdings: Will er nicht in einen Shuttlebus hüpfen, so erwartet den werten Reisenden ein 15-Minuten-Marsch vom oder zum Hauptgebäude. Sinéad, eine Pendlerin von Newsbridge, die bereits mit dem Bus von den Kais kam, entschließt sich zum neuen Bahnsteig zu laufen anstatt auf den Shuttlebus zu warten. Gefragt, was sie von der Bahnhofserweiterung hält, meint sie: “Großartig, an einem Tag wie heute”. Wie sie an einem Regentag darüber denken würde, ist sie sich indes nicht sicher.

Sonntag, 21. Juli 2002

Der Vater des jüngsten Opfers des IRA-Bombenanschlags vom Bloody Friday vor genau dreißig Jahren, bei dem mehr als 20 Bomben neun Menschen töteten und 130 verletzten, begrüßt die Entschuldigung der IRA vom vergangenen Dienstag. Reverend Joe Parker, dessen 14-jähriger Sohn damals ums Leben kam, sagt, er glaube, dass die IRA nun bereit sei ihr Unrecht zu erkennen.

Martin McGuinness von der Sinn Féin, zugleich nordirischer Erziehungsminister, glaubt nicht, dass die nordirische Exekutive bis zu den regulären Wahlen im kommenden Mai Bestand haben wird. Seiner Meinung nach habe der Vorsitzende der Ulster Unionist Party und Erste Minister David Trimble beschlossen als blasser Schatten Ian Paisleys zu agieren, aus wahltaktischen Gründen auf einen Ausschluss der Sinn Féin zu bestehen und damit das vorzeitige Ende der Regierung einzuleiten. Das Karfreitagsabkommen sei jedoch für das Land die einzige Chance und niemand könne einen Zweifel am Bekenntnis der Sinn Féin zum Friedensprozess haben.

Sonnabend 20. Juli 2002

Nach Feststellung der nordirischen Polizei handelt es sich bei einem Benzinbombenattentat auf eine katholische Familie im Norden Belfasts um einen kalkulierten Mordanschlag. Mehrere weitere katholische Häuser in der Skegoniel Avenue wurden beschädigt, als nachts um zwei eine Horde loyalistischer Jugendlicher mit Ziegeln und Steinen auf sie losging.

Donnerstag, 18. Juli 2002

Die Wahlen sind vorbei und Irland beginnt mit der Konsolidierung seines Staatshaushaltes. Der erste Schritt ist getan: die Einschreibegebühren an den Hochschulen werden für das kommende Studienjahr um rund 70 % von € 396 auf € 670 angehoben. Der Höchstsatz für das ‘irische BAFÖG’ steigt auf rund € 210 monatlich.

Mehr als die Hälfte aller Tankstellen Nordirlands verkauft nach einem gestern veröffentlichten Bericht aus der Republik Irland geschmuggeltes Benzin oder in Dieseltreibstoff konvertiertes Heizöl. Dies führt zu Steuerausfällen von mehr als £ 1 Mrd. pro Jahr.

Mittwoch, 17. Juli 2002

Die Entschuldigung der IRA (siehe gestrige Meldung) wird bei den Unionisten unterschiedlich bewertet. Der Vorsitzende der Ulster Unionist Party und nordirische Erste Minister David Trimble kritisiert, die Verlautbarung gehe nicht auf die Gewalttätigkeiten ein, in die die IRA seiner Meinung nach momentan involviert ist. Jeffrey Donaldson von den Hardlinern seiner Partei nennt sie halbherzig und nicht weit genug gehend. Auch Peter Robinson von der Democratic Ulster Party zeigt sich enttäuscht. Dem hingegen fordert der Vorsitzende der Progressive Unionist Party David Ervine, das Statement nicht zurückzuweisen. Es habe lange gedauert, bis es zu einer solchen Erklärung kam, und man solle anerkennen, dass sie nun gekommen ist und hoffen, dass sie eine neue Haltung verkünde.

Bei einem Raketenangriff der Real IRA auf einen Polizeiwagen bei Downpatrick im County Down erleiden zwei Polizeibeamte einen Schock. Die republikanische Splittergruppe kündigt an solange weiter ‘physische Gewalt’ auszuüben, bis die ‘britische Besetzung des Landes ein für alle Mal beendet sei’.

Dienstag, 16. Juli 2002

Die IRA entschuldigt sich bei den Familien von ‘Nicht-Kämpfern’, die in den vergangenen drei Jahrzehnten durch ihre Mitglieder getötet wurden, und spricht ihnen ihr Beileid aus. Vor fast genau dreißig Jahre, am 21. Juli 1972, wurden bei einem Bombenangriff der IRA in Belfast 9 Menschen getötet und 130 verletzt.

Die irischen Traveller (manche nennen sie ‘Tinker’) sind nicht gelitten, weder, wenn sie einen Platz für ihre Wohnwagen suchen, noch, wenn sie sesshaft werden. Der Laois County Council (in Deutschland würde man Kreisverwaltung sagen) möchte in ein Haus nahe Stadbally eine Travellerfamilie mit sieben Kindern einziehen lassen, die seit zwei Generationen in dem Landstrich lebt. Seither ‘bewachen’ es 50 Anlieger Tag und Nacht, um ihren Einzug zu verhindern.

John O’Donoghue, Minister für Kunst, Sport und Tourismus*, gibt bekannt, € 3 Mill. für Werbekampagnen zu spendieren um mehr Touristen ins Land zu locken. Der Chef von Tourism Ireland zeigt sich pflichtgemäß ‘delighted’ und die Labour Party erwartungsgemäß enttäuscht ob der ihrer Meinung nach geringen Anstrengungen etwas gegen den Niedergang der Tourismusindustrie zu tun.
* Es ist schon interessant, wie dieses Ministerium nach jeder Wahl umgebastelt wird. Vor einigen Wochen wurden die Gaeltacht und die Inseln ausgliedert und das Nationalerbe unter den Teppich gekehrt.

Montag, 15. Juli 2002

Das ist mein Jack! Für alle Corker ist und bleibt er der ‘einzig wahre Taoiseach’, meint nicht nur Mairin Lynch vor der soeben enthüllten lebensgroßen Bronzestatue ihres Mannes, der vor knapp zwei Jahren verstarb. Sie danke Gott dafür, dass er sie vor Dekaden in diesen County geführt hatte um ihren Jack während eines Urlaub in Glengarriff kennen und lieben zu lernen. 53 glückliche Jahre lang verbrachten sie gemeinsam, und Jack sei ein wunderbarer Ehemann gewesen. (s.a. 20. und 23. Oktober 1999).

Aus einem Jahrhunderte alten zweistämmigen Kalifornischen Mammutbaum auf dem Gelände der St. Enda’s School in Rathfarn bei Dublin, der aus Sicherheitsgründen gefällt werden musste, wurde ein Denkmal für die Pearse Brüder. Die beiden unterrichteten zwischen 1910 und 1916 an der Schule und wurden nach dem Osteraufstand von 1916 hingerichtet, Pádraig Pearse als Commander in Chief der republikanischen Streitkräfte, sein Bruder als Hauptmann. Die Deartháireacha (Brüder) betitelte abstrakte Skulptur wurde von Liam O’Neil geschaffen.

Sonntag, 14. Juli 2002

Die Meldung ist schon ein paar Tage alt, doch bin ich erst jetzt auf sie gestoßen. Nach Ansicht von Friedensnobelpreisträgers John Hume hat die Sinn Féin eingesehen, dass ihre Politik Irland mit Gewalt vereinigen zu wollen falsch gewesen sei. “Sie haben erkannt, dass man Menschen nicht mit Bomben und Gewehrkugeln vereinigen kann und es nicht um das Land geht, sondern um die Menschen”, sagte der langjährige SDLP-Vorsitzenden in seinem ersten großen Interview nach dem Rückritt vom Parteivorsitz. Die Sinn Féin habe akzeptiert, dass die auf ein friedliches Miteinander beider Gruppen ausgerichtete Strategie der SDLP die richtige gewesen sei. Wer jedoch glaube, sie würde die SDLP nun von der politischen Bühne Nordirlands verdrängen, beleidige die Intelligenz der dort lebenden Menschen.

Sonnabend, 13. Juli 2002

Die Belfaster Polizei lobt das Verhalten der Provisional IRA, nachdem sie in der vergangenen Nacht bei einem Protest von Nationalisten gewalttätige Ausschreitungen verhindert hatte. Nach den Worten von Alan McQuillan, einem führenden Polizeioffizier, hätten IRA-Mitglieder den Protest in ruhige Bahnen gelenkt und Demonstranten am Steinwerfen gehindert. Er sei hocherfreut, dass die Angelegenheit so friedlich abgelaufen sei.

Nach den gestrigen Krawallen kam es bei den heutigen Paraden des Oranierordens zu keinen weiteren Unruhen. 20 Polizeibeamten wurden gestern verletzt, als sie mit Wurfgeschossen und Benzinbomben beworfen wurden.

Freitag, 12. Juli 2002

Nordirlands Polizei warnt vor für heute geplanten Straßenkrawallen im Norden Belfasts. Die Sinn Féin habe vor, republikanische Jugendliche per Bus nach Ardoyne zu bringen, um dort gegen einen umstrittenen Marsch des Oranierordens zu protestieren. Zudem seien bei Durchsuchungen hunderte von leeren Flaschen, Farb- und Säurebomben sichergestellt worden.

Der Vorstandsvorsitzende des irischen Fernsehens RTÉ kündigt weitere 200 Entlassungen an. In den letzten vier Jahren wurden bereits 500 Stellen abgebaut, derzeit beschäftigt der Sender noch 1.700 Mitarbeiter. Das Defizit betrug im vergangenen Jahr € 71 Mill., in diesem wird ein Fehlbetrag von bis zu € 25 Mill. erwartet.

Auf Grund gesunkener Benzinpreise fiel die Inflationsrate im Juni geringfügig von 4,7 auf 4,4 %. Kaum Entspannung hingegen gibt es auf dem Immobilienmarkt: in den letzten sechs Monaten dieses Jahres stiegen die Preise landesweit um 5,6 %, in Dublin um 6,8 %.

Donnerstag, 11. Juli 2002

Belfasts Oberbürgermeister Alex Maskey von der Sinn Féin trifft Vertreter der unionistischen und nationalen Parteien und drängt sie ihren Einfluss geltend zu machen, um weitere Unruhen zu verhindern: “Ich bin mir bewusst, dass es in unsere Gemeinschaft Unruhe und Besorgnis gibt und verschiedene Umstände zu einem vielleicht gefährlichen Cocktail geworden sind. Ich fordere alle auf, politische Führungskraft zu zeigen und Ruhe und Entspannung zu fordern.”

Der frühere Taoiseach und Fine Gael Vorsitzende John Bruton fordert den europäischen Wettbewerbskommissar Mario Monti auf, die exorbitant hohen irischen Versicherungsprämien unter die Lupe zu nehmen, die immer häufiger kleinere irische Unternehmen zur Aufgabe zwingen (siehe auch 5. Juli 2002). Das erinnert an einen im Juni im Irish Independent geschilderten Fall, in dem eine Firma ohne je ihre Versicherung in Anspruch genommen zu haben nach einer Vervielfachung der Prämie schließen und die Mitarbeiter entlassen musste. Dem irischen Arbeitgeberverband IBEC zufolge rangieren die Versicherungskosten unter Betriebskosten in vielen Bereichen bereits an zweiter Stelle.

Mittwoch, 10. Juli 2002

Taoiseach Bertie verteidigt Staatspräsidentin Mary McAleese gegen den Vorwurf, sie habe sich in das Referendum über die Zustimmung zum Vertrag von Nizza eingemischt. Die Präsidentin hatte sich während eines Staatsbesuches in Griechenland dahingehend geäußert, dass die Zustimmung zum Vertrag der Angelpunkt für eine EU-Erweiterung sei.

Nordirlands Wirtschaftsminister Sir Reg Empey von der Ulster Unionist Party warnt, die Unruhen im Norden Belfasts könnten den Bestand des dort ansässigen in amerikanischem Besitz befindlichen Call Centers bedeuten. Im August 2000 für £ 11 Mill. eröffnet, arbeiten dort derzeit 300 Mitarbeiter, die in den nächsten Jahren auf 1.000 aufgestockt werden sollten. Schon zweimal musste es wegen Unruhen in der Nachbarschaft geschlossen werden, eine Warnung aus Amerika erfolgte bereits.

Dienstag, 9. Juli 2002

Ein neuer Park für Dublin. Nach der Investition von € 1 Mill. eröffnet Dublins Oberbürgermeister Dermot Lacey den Wolfe Tone Memorial Park an der Jervis Street. Der in Dublin als Sohn einer protestantischen Familie geborene Theobald Wolfe Tone (1763 – 1798) gehörte zu den Gründern der United Irishmen, die sich für ein Miteinander von Protestanten und Katholiken in einem unabhängigen Irland einsetzten. Zum Tod durch Erhängen verurteilt, nahm er sich vor dem Exekutionstermin im Gefängnis das Leben.

Irlands Landschaft leidet, da Farmer, Planer, Forstleute und Touristeneinrichtungen isoliert und nicht miteinander arbeiten, beklagt der Heritage Council und fordert die Einrichtung einer Umweltagentur. Was die Zersiedlung betrifft, sei bisher keine Lösung in Sicht. Der Bungalow Blitz gehe weiter und zerstöre die Landschaft, auch wenn die statistischen Angaben (36 % aller Neubauten außerhalb der Ortschaften) übertrieben zu sein schienen.

Nach Feststellung der Industrial Development Authority war das Jahr 2001 das seit langem schwierigste. 17.500 Arbeitsplätze sind verlorengegangen und 13.500 wurden neu geschaffen, was einem Nettoverlust von 4.000 gleichkommt. Der Chef der Behörde Seán Dorgan rechnet vom kommenden Jahr an wieder mit einem Arbeitspatzwachstum, sollte die Bevölkerung in einem neuen Referendum für den Vertrag von Nizza stimmen und damit ausländische Investitionen fördern.

Montag, 8. Juli 2002

Nach den gestrigen Unruhen in Drumcree ist die Hoffnung auf einen gewaltfreien Sommer gesunken, meint der nordirische First Minister David Trimble. Die Unruhen flammten auf, als Scharen von Demonstranten, teils behangen mit Insignien des Oranierordens, die nordirische Polizei und britische Soldaten mit Steinen, Ziegeln und Flaschen angriffen. 32 Polizeibeamte wurden verletzt, fünf davon schwer. Trimble nach dem Besuch eines verletzten Polizisten: “Jene Oranier, die in die Angriffe auf die Polizei verwickelt sind, sind sich selbst in den Rücken gefallen, sind ihrer Institution in den Rücken gefallen, und ich hoffe sehr, dass die Führung des Oranierordens dies erkannt hat und ihre Folgerungen daraus zieht”.

Nach einer Studie der University of Ulster sind nordirische Katholiken und Protestanten bezüglich der Beziehungen zwischen beiden Gruppen heute pessimistischer als vor Abschluss des Karfreitagsabkommens. 1.800 Menschen wurden befragt und nur 25 % der Protestanten und 33 % der Katholiken glauben, die Beziehungen hätten sich verbessert.

Sonntag, 7. Juli 2002

Es gebe hinreichend Hinweise dafür, dass einige Schulen alles versuchen, um Traveller und Eltern aus ärmeren Verhältnissen und unteren sozialen Gruppen zu entmutigen, ihre Kinder bei ihnen anzumelden, berichtet die Direktorin des St. Patrick’s Educational Disadvantage Centre Dr. Anne Louise Gilligan. Eine Praxis, die dringend gestoppt werden müsse.

Céide (gälisches Wort für ‘Versammlungsplatz’), ein unabhängiges Magazin, dass sich zum Ziel gesetzt hatte den Dialog zwischen den unterschiedlichen Strömungen in der irischen Gesellschaft zu fördern, stellt nach fünf Jahren sein Erscheinen ein. Von der früheren Präsidentin Mary Robinson im August 1997 aus der Taufe gehoben und Father Kevin Hegarty aus dem County Mayo herausgegeben, erschien sechsmal im Jahr mit Berichten über die religiösen, ökonomischen und politischen Randgruppen der Gesellschaft, oder, wie Mary Robinson sagte, ‘über der Peripherie der Peripherie’. Von der Kritik hochgelobt, erreichte das Magazin nie eine große Verbreitung und gibt nun auf Grund finanzieller Schwierigkeiten auf.

Sonnabend, 6. Juli 2002

Nordirische Unionisten sind in gleicher Weise Opfer der Geschichte wie Nationalisten und Republikaner – so Martin McGuinness, Chefunterhändler der Sinn Féin im Friedensprozess, früherer IRA-Kommandant und nordirischer Erziehungsminister. Es falle ihm schwer, sagt er, dies einzugestehen. Wörtlich: “Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass die Unionisten ebenso Opfer von allem waren, wie wir, und wir bei Lösung der Fragen zusammenarbeiten müssen um die Dinge auf die Reihe zu bekommen. ... Wir müssen zusammenarbeiten und wir müssen erkennen, dass wir die Dinge aufrichtig angehen müssen. Was dieser Prozess braucht, und dies ist der kritische Punkt, ist David Trimbles Bereitschaft Gerry Adams und mich zu verstehen. Wir wollen ihn verstehen, und natürlich wollen wir ihm helfen. ... David Trimble wird nie ein Republikaner werden, und ich nie ein Unionist, doch trotz dieser Tatsache und den Schwierigkeiten mit dem Belfaster Abkommen ist dieses Dokument die Straßenkarte für die Zukunft und ich denke, es ist eine gute Karte.

In dem Zusammenhang eine weitere Meldung: London und Dublin schließen die von Hardlinern auf unionistischer Seite geforderten Sanktionen gegen die nordirischen Sinn Féin Minister aus. Unionistische Gegner des Karfreitagsabkommens kündigen daraufhin eine Abrechnung mit David Trimble bei den kommenden Wahlen zum nordirischen Parlament an.

Freitag, 5. Juli 2002

Der Dubliner High Court erklärt auf Einsprüche von Anwohnern hin die Planungsgenehmigung des Galway County Council für 18 Häusern in An Ceathrú Rua für ungültig, da im Rahmen des Verfahrens kein Linguistic Impact Statement erstellt wurde. Eine solche Stellungnahme über mögliche Folgen für die gälische Sprache ist in den Gaeltachtgebieten bei allen Genehmigungsverfahren erforderlich. Die Anhörung erfolgte in gälischer Sprache, das Urteil wurde auf Gälisch verkündet. Das erinnert an eine nette Geschichte aus Tom O’Flahertys Aranmen All, in der ein Bewohner der gar nicht so weit entfernten großen Araninsel mit Hilfe der gälischen Sprache seinen Prozess gewinnt.

Nicht nur die irischen Autofahrer klagen über horrende Versicherungsprämien. Dem Westport House und seinem Country Park im County Mayo droht vom kommenden Jahr an die Schließung für Besucher, nachdem die Haftpflicht- und Arbeitgeberversicherung eine Erhöhung der Jahresprämie um 61 % auf € 141.000 angekündigt hat. Lord Jeremy Altamont, der Besitzer des Anwesens und ein Nachfahre Grace O’Malleys, sieht sich nicht mehr der Lage die Versicherungsprämie zu zahlen.

Die Glasflaschenfabrik der Ardagh Group bei Ringsend schließt. 380 Mitarbeiter werden arbeitslos und besetzen die geschlossenen Pforten. Grund ist, dass die Firma statt der Empfehlung des Labour Court (5 Wochen Gehalt pro Jahr Betriebszugehörigkeit) zu folgen nur eine Abfindung in Höhe von 2 Wochengehältern pro Jahr zahlen will. Nach Meinung der Mitarbeiter würden durch einen Verkauf des Firmengrundstückes die Kosten für ihre Forderung mehr als gedeckt, wozu die Firma jedoch nicht bereit ist.

Donnerstag, 4. Juli 2002

Die Arbeitslosenzahlen sind im Juni um 9.333 auf 164.277 angestiegen; die Quote liegt nun bei 4,3 %. Bei einer Fortsetzung des Trends werden nach Meinung der oppositionellen Labour Party am Ende des Jahrs über 200.000 Menschen arbeitslos sein.

Kurz vor 19 Uhr bricht am Stephens Green in einem Penthouse Apartment des Huguenot House ein Feuer mit starker Rauchentwicklung aus. Irlands wohl berühmtestes Hotel, das benachbarte Shelbourne, wird evakuiert.

Auch Terroristen beten, vielleicht, dass bei ihren Waffenbasteleien nicht alles zu früh hochgeht. Und so findet die Polizei bei der Entdeckung eines Waffenlagers in einem Haus im County Antrim neben Gewehren, Munition und Material zum Bau von Rohrbomben eine Bibel. Während der Räumung werden die benachbarten Wohnungen evakuiert.

Mittwoch, 3. Juli 2002

Die Unionisten müssen von der Idee Abstand nehmen die Sinn Féin mit Sanktionen zu belegen und so den Friedensprozess zu gefährden, meint der stellvertretende nordirische First Minister und SDLP-Vorsitzende Mark Durkan. Seine Bemerkungen sind im Vorfeld von Gesprächen im County Down zu sehen, an denen morgen der britische Premierminister Tony Blair, Taoiseach Bertie Ahern und die Pro-Agreement Parties teilnehmen. Die Warnung ist auch an den nordirischen Regierungschef David Trimble gerichtet, der von Seiten seiner Ulster Unionist Party unter Druck steht eine harte Haltung gegenüber der Sinn Féin einzunehmen, um nicht weiter Boden gegenüber Ian Paisleys radikaler DUP zu verlieren.

Nachdem in den vergangen Tagen Sinn Féin Präsident Gerry Adams seine Anhängerschaft zur Beendigung der Straßenkrawalle in Belfast aufgerufen hat, drängt nun der britische Nordirlandsekretär John Reid die nordirischen Loyalisten und Paramilitärs dazu: “Wenn ihr für eine konstruktive politische Lösung eures Problems und ein besseres Nordirland arbeiten wollt, werde ich mit euch arbeiten. Solltet ihr aber in den alten Trott verfallen und am Pfad der Gewalt festhalten, so werde ich alles in meiner Macht tun dagegen anzugehen.”

Das Abfallwirtschaft im Lande liegt in der Krise und benötigt dringend ein modernes Management und eine zeitgemäße Infrastruktur, meldet die führende irische Umweltschutzagentur EPA in einem heute veröffentlichten Bericht. Nur 12,2 % des Mülls wird recycelt, von 1995 bis 2000 erhöhte sich der produzierte Müll um 60 % auf 2,3 Mill. Tonnen. Zudem sei die Trinkwasserqualität ein ernstes Umweltproblemen, wobei hier die düngefreundliche Landwirtschaft als Verursacher ausgemacht wird.

Dienstag, 2. Juli 2002

Sinn Féin Präsident Gerry Adams fordert weiteres Mal die Beendigung der Krawalle in Belfast und ruft die Nationalisten Nordirlands dazu auf, alles zu unterlassen, was unionistischen Gegnern des Karfreitagsabkommens Argumente in die Hände spielen könnte. Entgegen unionistischer Behauptungen gäbe es keinerlei republikanische Strategie, die auf Straßenunruhen beinhalte.

Die nordirische Regierung veröffentlicht einen Investitionsplan zur Verbesserung der Infrastruktur des Landes. 29 Projekte sollen in den nächsten zwei Jahren gefördert werden. Von den £ 270 Mill. (€ 420 Mill.) sollen £ 110 Mill. in den Gesundheitssektor gehen, £ 67 Mill. in Wasserver- und Abwasserentsorgung und £ 52 Mill. in den Ausbildungsbereich.

Aus einem Lagerhaus in Naas, County Kildare, wird Wodka im Wert von über € 500.000 entwendet. Sollten Sie einen Mercedes Lastwagen mit der Nr. 00-D-2017 sehen, wäre die Garda für einen Tipp dankbar.

Montag, 1. Juli 2002

Sinn Féin Präsident Gerry Adams appelliert an die nordirischen Nationalisten alles zu unterlassen, was in irgendeiner Weise die Spannungen während der diesjährigen Märsche der Unionisten eskalieren lassen könnte. Zuvor wurde die Jugendorganisation seiner Partei für Angriffe auf eine ländliche Polizeistation in Rosslea im County Fermanagh verantwortlich gemacht.

Die nordirische Parades Commission verbannt im fünften Jahr in Folge Oraniermärsche entlang der von Nationalisten bewohnten Garvaghy Road in Portadown. Der Oranierorden erhebt dagegen Einspruch.

Die Dubliner Garda stellt Heroin im Wert von € 80.000 sicher. Ein Mann wird verhaftet.

Die Zahl der erkannten BSE-Fälle ist mit 185 in den ersten sechs Monaten dieses Jahr auf den höchsten Wert seit 1989 gestiegen.

Irlandnachrichten: Nachrichten aus Irland – Juli 2002